Z Gastroenterol 2012; 50 - K080
DOI: 10.1055/s-0032-1324015

Zahnsanierung vor Lebertransplantation: Wirklich notwendig?

J Hartl 1, MN Scherer 2, S Farkas 2, M Loss 2, L Baier 2, AA Schnitzbauer 2, HJ Schlitt 2, M Müller 1, GI Kirchner 1
  • 1Universitätsklinikum Regensburg, Innere Medizin I, Regensburg, Germany
  • 2Universitätsklinikum Regensburg, Klinik für Chirurgie, Regensburg, Germany

Aktuell wird bei jedem Patienten (Pat.) auf der Lebertransplantations (LTx-)liste eine detaillierte zahnärztliche Untersuchung sowie die Sanierung von evtl. vorhandenen oralen septischen Foci empfohlen. Dieses Vorgehen basiert auf der Überlegung, dass Pat. mit schlechtem Zahnstatus unter immunsuppressiver Therapie ein erhöhtes Risiko für Infektionen nach LTx aufweisen. Ziel der Studie war es, den Einfluss des Zahnstatus und einer Zahnsanierung vor LTx auf die Infektionsrate bei Pat. nach LTx zu evaluieren.

Patienten und Methoden: Von 04/2003 bis 11/2009 wurden insgesamt 216 Pat. (154m, 51±11J.) an unserem Zentrum lebertransplantiert. Die zugrundeliegenden Ursachen waren Alkohol (45,4%), Alkohol und virale Hepatitis (6,5%), virale Hepatitis (15,3%), Gallenwegserkrankungen (14,8%) und andere. Die Pat. wurden in 4 Gruppen eingeteilt. Gruppe 1: Pat. mit schlechtem Zahnstatus und nachfolgender Zahnsanierung; Gruppe 2: Pat. mit schlechtem Zahnstatus ohne Zahnsanierung; Gruppe 3: Pat. mit gutem Zahnstatus; Gruppe 4: Pat. ohne zahnärztliches Konsil vor LTx. Die klin. Daten wurden anhand der Patientenakten retrospektiv analysiert.

Ergebnisse: Das mittlere Follow-up nach LTx betrug 43±28 Mon.. In Gruppe 1 waren 58 Pat. (27%), Gruppe 2 beinhaltete 43 Pat. (20%), Gruppe 3 54 Pat. (25%) und Gruppe 4 61 Pat. (28%). Eine bakterielle Infektion konnte bei 49% aller transplantierten Pat. 0–72 Mon. (im Mittel 12 Mon.) nach LTx beobachtet werden. Bei 46% waren Enterokokken spp. die am häufigsten im Blut und sonstigen Materialien nachweisbaren pathogenen Keime. Es ergab sich jedoch in den 4 verschiedenen Gruppen kein signifikanter Unterschied in der Häufigkeit der bakt. Infektionen und des Keimspektrums. 68 Pat. verstarben 0–63 Mon. nach LTx, davon 25 Pat. aufgrund einer bakt. Sepsis. Es konnte jedoch ein signifikant (p<0,001)häufigeres Auftreten eines schlechten Zahnstatus bei Pat. mit äthyltoxischer Leberzirrhose im Vergleich zu Pat. mit anderen Lebererkrankungen beobachtet werden.

Zusammenfassung: Unter Berücksichtigung der hier vorgestellten Daten muss das derzeitige Standardvorgehen einer Zahnsanierung bei jedem Pat. mit schlechtem Zahnstatus vor LTx reevaluiert werden – vor allem vor dem Hintergrund eines erhöhten Blutungsrisikos bei Pat. mit end-stage Lebererkrankung.