Z Gastroenterol 2012; 50 - K083
DOI: 10.1055/s-0032-1324018

Entwicklung, Charakterisierung und Evaluierung neuartiger auf Naturstoffen basierender Histondeacetylase-Inhibitoren für die Therapie solider Tumore

S Venturelli 1, A Berger 1, T Weiland 1, I Smirnow 1, A Schenk 1, K von Horn 1, C Leischner 1, TS Weiss 2, A Kämper 3, O Kohlbacher 3, A Böcker 4, H Eickhoff 5, KH Wiesmüller 5, UM Lauer 1, M Bitzer 1
  • 1Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Innere Medizin I, Tübingen, Germany
  • 2Zentrum für Leberzellforschung/Klinik und Poliklinik für Chirurgie, Universität Regensburg, Regensburg, Germany
  • 3Fakultät für Informations- und Kognitionswissenschaften, Simulation biologischer Systeme/Universität Tübingen, Tübingen, Germany
  • 4Evotec AG, Hamburg, Germany
  • 5EMC microcollections GmbH, Tübingen, Germany

Fragestellung: Epigenetische Wirkstoffe stehen aktuell im Fokus neuer innovativer Therapiekonzepte in der klinischen Onkologie. Hierbei weisen insbesondere Histondeacetylase Inhibitoren (HDACi) ein potenziell breites Anwendungsspektrum bei gleichzeitig geringer Toxizität auf. Erste Hinweise deuten drauf hin, dass HDACi speziell bei Chemotherapie-resistenten Tumoren eingesetzt werden können; daher wird intensiv nach neuen Substanzen mit HDACi Aktivität gesucht.

Methoden: Als Modell wurden humane Hepatomzelllinien (HepG2, Hep3B, HuH7) und primäre humane Hepatozyten (PHH) verschiedener Spender eingesetzt. Die Substanzen wurden in silico durch Docking-Analysen, in vitro durch HDAC-Inhitior-, SRB-Viabilitäts-, und Fluoresceindiacetat-Assays, Real-Time-Cell-Monitoring, LDH- bzw. AST-Bestimmungen und Western-Blotting charakterisiert.

Ergebnisse: Beim Screeningverfahren konnte für zwei natürliche Abkömmlinge die aus Pflanzenwurzeln freigesetzt werden, AI und AII, eine bis dato unbekannte HDACi Aktivität sowohl in silico als auch in vitro identifiziert werden. Auf Basis dieser Arbeiten wurde das Grundgerüst von AI und AII chemisch modifiziert und weitere Derivate (AH und CL-AI) generiert.

In silico und in vitro Analysen identifizierten die Derivate eindeutig als weitere HDACi. Die Inkubation verschiedener humaner Hepatomzelllinien, sowohl mit den Naturstoffen, als auch den künstlichen Derivaten zeigte schon bei geringen Konzentrationen eine signifikant verminderte Proliferation bzw. Reduktion der Viabilität. Interessanterweise zeigen detaillierte Toxizitätsanalysen mit PHH verschiedener Spender auch bei hohen Konzentrationen eine gute Verträglichkeit aller Substanzen und keine bzw. nur geringfügige Hinweise auf eine zytotoxische Wirkung bei nicht-malignen Zellen.

Schlussfolgerung: Die bisherige Charakterisierung sowohl von AI und AII als auch von zwei neu generierten Derivaten zeigte eine ausgewiesene antiproliferative Wirkung auf HCC-Tumorzellen bei gleichzeitig guter Verträglichkeit für nicht-maligne Leberzellen. Interessanterweise konnte für das Derivat CL-AI eine verbesserte Wirkung ohne gleichzeitige Erhöhung der Toxizität festgestellt werden, so dass hier diese Substanz derzeit präklinisch als neues Therapeutikum evaluiert wird.