Z Gastroenterol 2012; 50 - K084
DOI: 10.1055/s-0032-1324019

Inhibierung von humanen Histondeacetylasen durch das in der Nahrung vorkommende Favonoid Kaempferol

A Berger 1, S Venturelli 1, M Kallnischkies 2, A Böcker 3, C Busch 4, T Weiland 1, S Noor 4, I Smirnow 1, A Schenk 1, TS Weiss 5, SC Bischoff 2, UM Lauer 1, M Bitzer 1
  • 1Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Innere Medizin I, Tübingen, Germany
  • 2Institut für Ernährungsmedizin/Universität Hohenheim, Stuttgart, Germany
  • 3Evotec AG, Hamburg, Germany
  • 4Sektion der Dermato-Onkologie/Universitätsklinik Tübingen, Abteilung Dermatologie und Allergologie, Tübingen, Germany
  • 5Zentrum für Leberzellforschung/Klinik und Poliklinik für Chirurgie, Universität Regensburg, Regensburg, Germany

Fragestellung: Kaempferol ist ein natürliches Polyphenol, das zu der stark wirksamen und gerade in der Medizin sehr bedeutsamen Gruppe der Flavonoiden gezählt wird. Da aktuell Inhibitoren der zellulären Histondeacetylasen (HDACi) im Fokus der klinischen Onkologie stehen, werden vermehrt Naturstoffe auf eine epigenetische bzw. HDACi Aktivität hin evaluiert. In dieser Studie wurde Kaempferol eingehend in silico, in vitro und in vivo auf eine potenzielle therapeutische Hemmung von HDAC-Enzymen untersucht.

Methoden: Als Modell wurden humane Hepatomzelllinien (HepG2, Hep3B) und primäre humane Hepatozyten (PHH) von verschiedenen Spendern eingesetzt. Kaempferol wurde durch Docking-Analysen, HDAC-Inhibitor-Assays, HDAC-Profiling-Assays, SRB-Viabilitäts-Testung, Real-Time-Cell-Monitoring, LDH- und GOT-Bestimmungen und in vivo-Toxizitäts-Bestimmung charakterisiert.

Ergebnisse: Kaempferol zeigte sowohl bei in silico Docking-Analysen als auch bei in vitro Screening-Assays eine ausgewiesene HDACi Wirkung. Ebenfalls konnte bei Behandlung von Tumorzellen mit Kaempferol in der Folge eine therapeutisch intendierte stark erhöhte Acetylierung der Histonkomplexe H3 und H4 beobachtet werden.

Alle untersuchten Tumorzelllinien (HepG2, Hep3B) wiesen schon bei niedrigen Konzentrationen an Kaempferol eine stark verminderte Viabilität, bzw. signifikante Reduktion der Proliferation auf, welches mittels verschiedener Assays bestätigt werden konnte. Gleichzeitig zeigten humane primäre Hepatozyten von verschiedenen Spendern nur in hohen Konzentrationen eine Toxizität unter der Behandlung von Kaempferol, wohingegen alle untersuchten Konzentrationen bei in vivo Toxizitäts-Assays mit Hühnerembryonen gut toleriert wurden.

Schlussfolgerung: Kaempferol konnte (i) erstmals als neuer pan-HDAC-Inhibitor identifiziert und (ii) die antiproliferative Wirkung auf verschiedenen Tumorzelllinien charakterisiert werden. Aufgrund der Beobachtung, dass nicht-maligne primäre humane Hepatozyten nur in erhöhten Konzentrationen eine Zellschädigung aufwiesen und die Substanz in Embryotoxizitäts-Versuchen gut vertragen wurde, sollte Kaempferol als potenzieller HDACi weiter präklinisch evaluiert werden.