Z Gastroenterol 2012; 50 - K195
DOI: 10.1055/s-0032-1324130

Lebendimpfungen bei CED – sind Titerbestimmungen vor anti-TNF-Therapie sinnvoll?

N Teich 1, A Borkenhagen 1, C Klecker 1, P Dietel 1, T Klugmann 1
  • 1Internistische Gemeinschaftspraxis für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten, Leipzig, Germany

Einleitung: Aktuelle Untersuchungen belegen, dass Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen aufgrund ihrer Grundkrankheit und der immunsuppressiven Therapie gefährdet sind, an einer impfpräventablen Infektionskrankheit zu erkranken. Dieser Wissenszuwachs fand auch in die Leitlinien der DGVS Eingang: während die 2008 veröffentlichte Leitlinie „Morbus Crohn“ noch keinerlei Empfehlungen zur Erhebung und Vervollständigung des Impfstatus enthielt, gibt die Leitlinie „Colitis ulcerosa“ (2011) bereits umfassende Handlungsvorschläge.

Problem: Es ist unklar, wann Impfungen mit Lebendimpfstoffen erfolgen sollen, weil diese unter immunsuppressiver Therapie kontraindiziert sind.

Methodik: Es wurden die Serumtiter gegen Masern, Mumps, Röteln (MMR) und Varizellen bei allen Patienten bestimmt, die vom 1.7.2010 bis zum 31.12.2011 erstmalig mit einem TNF-Blocker behandelt wurden. Die Messungen erfolgten prospektiv zum Zeitpunkt der Indikationsstellung. Es wurde nun retrospektiv überprüft, wie viele Patienten mit unzureichenden Titern geimpft wurden.

Ergebnis: Es wurden die Daten von 66 Patienten (medianes Alter 34 Jahre, 53% weiblich) mit Morbus Crohn (n=53) oder Colitis ulcerosa (n=13) ausgewertet. Die mediane Zeitdauer zwischen Indikationsstellung und Therapiebeginn mit einem TNF-Blocker betrug 21 Tage. Ein Masern/Mumps/Röteln-IgG unter 11/11/10 VE fand sich bei 17/27/5 (26/41/8%) der Patienten. Alle Patienten wiesen hingegen ausreichende IgG-Titer gegen Varizellen auf. Von den 35 Patienten mit mindestens einem unzureichenden Titer erhielten nur (1.) ein Patient mit zunächst großem Vorbehalt gegen einen TNF-Blocker und (2.) eine Patientin mit mittlerweile erfülltem Schwangerschaftswunsch eine MMR-Impfung, bevor die anti-TNF-Therapie begonnen wurde. Es erkrankte allerdings auch kein Patient an Masern, Mumps oder Röteln.

Schlussfolgerung: Eine Titerkontrolle direkt vor Intensivierung der immunsuppressiven Therapie ist nicht sinnvoll. Die Therapie der CED ist dann dringlicher und es besteht kein ausreichendes Zeitintervall für Lebendimpfungen. Es ist möglicherweise wirkungsvoller, bereits bei Diagnosestellung nach Impfdefiziten zu suchen, um diese in einem geeigneten Krankheitsstadium auch tatsächlich zu beheben.