Z Gastroenterol 2012; 50 - K243
DOI: 10.1055/s-0032-1324178

Inzidenz eines Reizdarmsyndroms nach reiseassoziierter gastrointestinaler Infektion sowie prädisponierende Faktoren für dessen Entwicklung

J Schwille-Kiuntke 1, P Zanger 2, D Weinmann 1, C Kasper 1, A Rilk 1, P Enck 1
  • 1Uniklinik Tübingen, Abteilung für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen, Germany
  • 2Uniklinik Tübingen, Institut für Tropenmedizin, Tübingen, Germany

Einleitung: Schon seit einigen Jahren gibt es Hinweise auf die pathogenetische Rolle einer gastrointestinalen Infektion bei der Entwicklung eines Reizdarmsyndroms (postinfektiöses Reizdarmsyndrom, PI-RDS). Reisende mit gastrointestinaler Infektion wurden bisher diesbezüglich nur selten untersucht. Die berichtete Inzidenz schwankt zwischen 3 und 15% der Reisediarrhoe-Fälle.

Ziele: Die Studie hat zum Ziel, die PI-RDS-Inzidenz und prädisponierende Faktoren für eine PI-RDS-Entwicklung zu ermitteln.

Methodik: Im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie wurden Patienten, die sich mit Gastroenteritis und/oder einem pos. Keimnachweis im Stuhl in den Jahren 2009 und 2010 im Institut für Tropenmedizin vorstellten, befragt. Die Fragebogenbatterie bestand überwiegend aus validierten Einzelinstrumenten. Sie enthielt Teile des Rom III-Fragebogens (RDS), die Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS, Ängstlichkeit und Depressivität), ein Modul des Patient Health Questionnaire (PHQ, Somatisierung) sowie Fragen zur Infektion und Soziodemografie. Angaben zum Keimnachweis und klinische Informationen wurden den Patientenakten entnommen.

Ergebnisse: 175 Patienten willigten in die Befragung ein, 135 füllten den Fragebogen vollständig aus (Response: 77,1%). Knapp die Hälfte der Teilnehmer waren Männer (41,5%), das mittlere Alter betrug 36,6±14,6 Jahren. Es fand sich eine PI-RDS-Inzidenz von 8,9% (n=12). Probanden mit einem RDS waren überwiegend weiblich (11/12) und hatten signifikant höhere Summenwerte hinsichtlich Ängstlichkeit (HADS; t=2,98; p=,003) und Somatisierung (PHQ; t=3,77; p<0,001). Es fand sich keine Assoziation zwischen einer PI-RDS-Entwicklung und einem Gewichtsverlust während der Infektion, dem Einsatz von Antibiotika, dem nachgewiesenen Keim oder anderen klinischen Variablen.

Schlussfolgerung: Die gefundene Inzidenz von 8,9% unterstreicht die Bedeutung einer gastrointestinalen Infektion bei der Entwicklung eines RDS. Weibliches Geschlecht und eine Prädisposition zu Ängstlichkeit und Somatisierung sind mit einer PI-RDS-Entwicklung assoziiert.

Gefördert durch einen fortüne Junior-Grant Nr.2049–0-0 der Medizinischen Fakultät der Universität Tübingen.