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DOI: 10.1055/s-0032-1324866
Weichgewebsrezessionen nach Implantatinsertion in der Oberkieferfront
Publication History
Publication Date:
09 October 2012 (online)
Im Gegensatz zur Implantatversorgung von zahnlosen oder weitgehend zahnlosen Patienten, die sich zumeist eine funktionelle Verbesserung durch den Eingriff erhoffen, unterliegt die Insertion von Einzelzahnimplantaten insbesondere in der Oberkieferfront hohen ästhetischen Ansprüchen. Daher ist es für den Kliniker von großer Bedeutung, ästhetische Probleme bei diesen Eingriffen – zumeist Weichgewebsrezessionen nach Implantatinsertion – vorhersehen und ggf. vermeiden zu können. Die bisherigen Studien dazu waren aber nicht sehr aussagekräftig, und die darin identifizierten Faktoren können daher nur als Risikoindikatoren dienen.
Um eindeutigere Schlüsse über die Rolle dieser Risikoindikatoren ziehen zu können, wurde in der vorliegenden Studie eine relativ homogene Kohorte von Implantatpatienten longitudinal überwacht und retrospektiv mittels multivariater Analyse untersucht. So sollten Prädiktoren für spätere Weichgewebsrezessionen gefunden werden.
In der Studie wurden Patienten, die in den Jahren 2006 und 2007 von jeweils zwei erfahrenen Parodontologen und Prothetikern mit einem einzelnen Implantat (bei erhaltenen Nachbarzähnen) des Typs Nobel Biocare Replace Select in der Oberkieferfront versorgt worden waren, im Jahre 2009 nachuntersucht. Dabei wurden nur Patienten in die Analyse eingeschlossen, bei denen bei der Implantatinsertion ein Lappen gehoben wurde. Bei den Patienten wurden entweder eine Sofortimplantation oder eine verzögerte Implantation, unter Umständen mit GBR oder Knochenblocktransplantat durchgeführt. Patienten, bei denen das Weichgewebe verbessernde Eingriffe, wie z. B. ein Bindegewebstransplantat, durchgeführt worden war, wurden ausgeschlossen. Die Zielgrößen der Untersuchung waren faziale sowie interproximale Weichgewebsrezession.
Für die Studie konnten Daten von 97 der 115 eingeschlossenen Patienten ausgewertet werden (60 w/37 m; 23 – 80 Jahre). Innerhalb des Beobachtungszeitraums wurde ein signifikanter Knochenverlust von 0,2 – 0,3 mm am Implantat sowie 0,3 – 0,5 mm an den Nachbarzähnen festgestellt. Wenn bei der Implantatinsertion eine Augmentation des Kieferkamms durchgeführt worden war, so führte dies in diesem Kollektiv zu einem zusätzlichen Knochenverlust am Nachbarzahn. Die Autoren erklärten dies mit der Anzahl an zusätzlichen papilleneröffnenden Eingriffen beim Vorgehen mit Augmentation des Kieferkamms.
Die multivariate Analyse fand nach Korrektur für demografische Daten, die Art des chirurgischen Vorgehens und die Anzahl an lokalen Faktoren folgende Risikoprädiktoren für Weichgewebsrezession nach Insertion eines einzelnen Implantats in der Oberkieferfront:
Interproximale Weichgewebsrezessionen waren assoziiert mit der Augmentation des Kieferkamms (OR 3,4), niedrigem approximalem Knochenniveau vor Implantation (OR 2,1), einem fehlenden Kontaktpunkt (OR 221,9) und zu geringem Abstand von Zahn und Implantat (OR 0,3) sowie zu großem Abstand von approximalem Knochen und Kontaktpunkt (OR 2,9). Auffällig war die deutlich höhere Inzidenz von interproximalen Rezessionen nach Knochenblockaugmentationen als nach GBR.
Der einzige Prädiktor für eine faziale Rezession war die Position der bukkalen Implantatschulter (OR 17,2).
Fazit Die Daten dieser gut kontrollierten Studie zeigen, dass zur Vermeidung ästhetisch kompromittierender Weichgewebsrezessionen nach Insertion von Einzelzahnimplantaten in der Oberkieferfront die Anzahl von papilleneröffnenden Eingriffen möglichst begrenzt werden sollte. Die Augmentation mittels Knochenblocktransplantat mit der bekannten längerfristigen Remodellierung führt zu mehr Rezessionen als die GBR und sollte daher mit Vorsicht angewandt werden. Zudem wird deutlich, wie wichtig die korrekte dreidimensionale Positionierung des Implantats sowie eine adäquate prothetische Versorgung mit optimalen approximalen Kontaktpunkten ist.