Laryngorhinootologie 2013; 92(01): 41-43
DOI: 10.1055/s-0032-1327638
Der interessante Fall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Akutes Lungenödem nach operativer Sanierung eines Parapharyngealabszesses

Acute lung edema following surgery of a parapharyngeal abscess
C. Bermüller
,
F. Sommer
,
M. Rudolph
,
M. Schulz
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. Oktober 2012 (online)

Fallbeschreibung

Ein 62 jähriger Mann wurde im Notdienst mit klinischem und ct-grafischem Verdacht ([Abb. 1]) auf einen Parapharyngealabszess rechts aufgenommen.

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Abb. 1 Präoperative CT mit Kontrastmittel (axial und transversal): Parapharyngealabszess rechts.

Die Entzündungsparameter waren erhöht (CRP 150 mg/l, Leukozyten 13,9 Giga/l).

Im HNO Status zeigte sich eine vorgewölbte Pharynxseitenwand rechts mit leichter Tonsillenasymmetrie und Trismus. Der Kehlkopf zeigte sich frei, die Stimmlippen waren bds. mobil.

Es wurde eine kalkulierte i. v. Antibiose mit Cefuroxim/Metronidazol eingeleitet und die Indikation zur operativen Sanierung gestellt. Als relevante Nebenerkrankungen waren ein nicht therapiertes Aortenvitium und eine KHK mit Z. n. PTCA 2006 bekannt. Der Patient wurde mit ASA III zur OP freigegeben. Als Medikation wurde ASS 100 und Simvastatin angegeben.

Nach problemloser Tonsillektomie und Spaltung des Abszesses, der vom Niveau des oberen Tonsillenpols bis auf Höhe der Aryregion zog, wurden der Mundraum zunächst mit 3%iger H2O2 Lösung zur Blutstillung und im Anschluss mit reichlich NaCl gespült. Nach Mehrmaligem Absaugen wurde, um die Schwellung laryngeal besser einschätzen zu können, eine Laryngoskopie durchgeführt. Bei mäßiger Schwellung, aber vollkommen freier Glottisebene sollte der Patient, der intraoperativ anästhesiologisch problemlos zu führen war, im Operationssaal extubiert werden.

Sofort nach nochmaligem Absaugen durch den Kollegen der Anästhesie und Extubation zeigte der Patient paradoxe Atmung mit Tachypnoe, die sich mit dem unmittelbar vor Extubation erhobenen Larynxbefund nicht erklären ließ; zudem fiel die Sauerstoffsättigung kurzfristig bis auf 50% ab. Es erfolgte die Reintubation. Unter 100% Sauerstoffbeatmung konnte die Sauerstoffsättigung zunächst nicht über 70% angehoben werden. Unmittelbar im OP wurde der Patient bei Verdacht auf Aspiration endotracheal abgesaugt, wobei sich fleischwasserfarbenes Sekret zeigte. Trotz vorsichtiger Blähmanöver konnte die Sättigung nicht angehoben werden. Hierauf erfolgte die flexible Bronchoskopie: hier war schäumig seröses, teils leicht blutig tingiertes Sekret absaugbar, was zur Verdachtsdiagnose eines akuten Lungenödemes führte.

Der Patient wurde intubiert und beatmet auf die Intensivstation verbracht. Bei weiterhin schlechter Lungenfunktion trotz PEEP (15 mmHg) und einer vollständigen Verschattung der Lunge im Röntgenbild ([Abb. 2]) wurde die Indikation zur ECMO (extracorporale Membranoxygenierung) gestellt, die noch am selben Abend mit 2 femoralen Zugängen veno-venös durch die Kollegen der Herzchirurgie eingeleitet wurde.

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Abb. 2 Röntgenthoraxaufnahme 2 h nach Ende der Operation: starke Transparenzminderung der Lunge.

Nach Verlegung auf die herzchirurgische Intensivstation konnte im weiteren Verlauf eine ausreichende Oxygenierung erreicht werden; es wurde zudem das Vorliegen eines operationswürdigen kombinierten Aortenvitiums mit führender Stenosekomponente bestätigt (Stenose °II, Insuffizenz °I). Hierauf wurde die Antibiose von den Kollegen in Rücksprache mit der Abteilung Mikrobiologie auf Meropenem/Metronidazol/Gentamicin umgestellt. Nach 3 Tagen konnte die ECMO bei klinischer Verbesserung der Lungenfunktion und radiologischer Regredienz ([Abb. 3]) der Infiltrate und auch die Antibiose mit Metronidazol und Gentamicin beendet werden. Im Abstrich konnte Streptococcus constellatus nachgewiesen werden. Der Patient wurde am 5. postop. Tag auf die HNO Intensivstation rück- übernommen und nach weiteren 3 Tagen weaning am 8. postop. Tag erfolgreich extubiert. Nach Rücksprache mit den Kollegen der Pneumologie wurde eine initial begonnene Kortikoidtherapie weitergeführt. Trotz eines stabilen Verlaufes nach der Extubation wurde der Patient aufgrund der Schwere der Komplikation am 19. Tag nach OP in eine Anschlussheilbehandlung geschickt. Hier konnte eine vollständige Rehabilitation erzielt werden. Der Patient trat nach deren Abschluss seine Arbeit wieder an. Eine weitere pneumologische Therapie war nicht erforderlich.

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Abb. 3 Röntgenthoraxaufnahme 3 Tage nach Einleitung der ECMO: Regredienz der Transparenzminderung der Lunge.