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DOI: 10.1055/s-0032-1327921
Berühmte Gynäkologen. Hermann Johannes Pfannenstiel – die Einführung des suprasymphysären Faszienquerschnitts
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
12. Dezember 2012 (online)
Vor 150 Jahren wurde in Berlin Hermann Johannes Pfannenstiel (1862–1909) ([Abb. 1]) geboren. Nachdem er in Berlin Medizin studiert und promoviert hatte, ging er 1885 zunächst als Assistent an das Städtische Krankenhaus in Posen, von wo er 1887 zu Heinrich Fritsch (1844–1915) an die Frauenklinik der Breslauer Universität wechselte. Zu seinem wissenschaftlichen Schwerpunkt wurden hier die Ovarialtumoren, über die er 1890 habilitierte. Die weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit der Pathologie von Eierstockstumoren qualifizierte Pfannenstiel schließlich, das Kapitel im damaligen maßgeblichen (Veitʼschen) Handbuch zu Pathologie und Erkrankungen der Ovarien und des Nebeneierstocks zu schreiben [2]. Seine 1898 eingeführte Klassifikation der Ovarialtumoren galt bis in die 1920er-Jahre als Standard [3].
Im Oktober 1896 übernahm Pfannenstiel die gynäkologische Abteilung des Breslauer Krankenhauses der Elisabethinerinnen, im gleichen Jahr wurde er Titularprofessor. In diesem Jahr wurde er auch Mitherausgeber des „Archiv für Gynäkologie“. 1902 erfolgte seine Berufung als Ordinarius nach Gießen; im Verlauf des Jahres 1904 lehnte er Berufungen nach Erlangen und Freiburg ab, wofür sich die Hessische Regierung mit ausgedehnten Erweiterungen der Gießener Frauenklinik, dem Titel eines Geheimen Medizinalrats und dem Ludwigs-Orden-Ritterkreuz bedankte [1].
Im Juni 1907 erhielt Pfannenstiel den Ruf an die Universitätsfrauenklinik nach Kiel. In einem Nachruf heißt es dazu: „…Es fiel ihm nicht leicht, von den freundlichen Gießenern zu scheiden. Doch nahm er den Ruf an, weil sich ihm dadurch Aussicht auf einen umfassenderen Wirkungskreis im weiteren Vaterlande bot. Kaum zwei Jahre war es ihm vergönnt, als Nachfolger Werthʼs zu lehren und zu wirken. Unter anderem fand er noch Zeit zu einer dreimonatlichen Studienreise durch die Vereinigten Staaten von Nordamerika, nach England und Paris, welche er im Frühjahr 1908 […] unternahm. In den anstrengenden Wochen dieser Reise, für welche er sich durch Sprachstudien vorbereitet hatte, war der elastische Mann nicht allein der Empfangende, sondern auf Bitten der amerikanischen Kollegen oft genug der Gebende. In vielen Hörsälen hat er gesprochen, in so manchem Operationssaal seine Methoden praktisch demonstriert […]“ [1].
Pfannenstiel starb 47-jährig im Zenit seines Könnens: „[…] er infizierte sich gelegentlich der Vornahme einer Operation und folgte der wegen einer eitrig zerfallenen Eierstocksgeschwulst Operierten im Tode nach […]“ [2]. Eine kleine Stichverletzung am Mittelfinger der linken Hand hatte letztlich zu einer (damals) nicht beherrschbaren Sepsis geführt [1] ([Abb. 2]).
Damit verlor die deutsche Gynäkologie des frühen 20. Jahrhunderts einen international ausgerichteten, angesehenen Ordinarius, der durch sein operatives Geschick, seine Art, eine Klinik zu führen, und dank einer offenbar charismatischen Persönlichkeit im In- und Ausland auf sich aufmerksam gemacht hatte [4].
Bis heute ist der Name „Pfannenstiel“ in der Medizin mit der Einführung bzw. Modifikation des Unterbauchquerschnitts, dem suprasymphysären Faszienquerschnitt, verbunden, der hauptsächlich in der Gynäkologie, aber auch in der Urologie und der Chirurgie täglich angewendet wird.
Um die Jahrhundertwende hatten verschiedene gynäkologische Operateure (Küstner, Rapin) bereits Vorschläge zur Eröffnung des Bauchraums über einen Querschnitt gemacht [4]. Ziel war es, „[…] Nachteile und Übelstände der [Längs]Laparotomie zu beseitigen, nämlich die entstellende Narbe und die Möglichkeit der Entstehung eines Bauchbruches […]“ [5]. Pfannenstiel hatte nun den von ihm sog. Küstnerʼschen suprasymphysären Kreuzschnitt so modifiziert, dass er nach Durchtrennung von Haut und Unterhaut die Faszie nicht längs, sondern ebenfalls quer durchtrennte und dann erst den Längsschnitt durch die Linea alba ausführte, der auch das Peritoneum umfasste [6] ([Abb. 3]). Dieses Operationsverfahren beschrieb Pfannenstiel ausführlich und erstmalig 1900 in der „Sammlung Klinischer Vorträge“ ([Abb. 4]), nachdem er seinen „suprasymphysären Faszienquerschnitt“ seit Mitte Juni 1898 in seiner Breslauer Klinik 51-mal mit Erfolg ausgeführt hatte. Er schreibt dazu: „[…] Der suprasymphysäre Querschnitt sollte nur dort ausgeführt werden, wo eine kleinere Öffnung des Abdomens ausreicht, um alle erforderlichen Eingriffe in übersichtlicher und schonender Weise vorzunehmen. […] Dagegen möchte ich von dem suprasymphysären Faszienquerschnitt im Allgemeinen ausschließen die Neubildungen der Gebärmutter und ihrer Adnexe. […] in den geeigneten Fällen hat sich diese Schnittführung so außerordentlich bewährt, dass ich sie auf das wärmste empfehlen kann, vornehmlich als ein Beitrag zur Austilgung der Hernien nach der Laparotomie […]“ [5].
Martin und von Rosthorn [2] schrieben in ihrem Nachruf auf Pfannenstiel und die Durchsetzung dieses operativen Zugangsweges: „[…] Der von ihm ausgebildete suprasymphysäre Faszienquerschnitt bildet in der Tat eine der letzten Etappen für die abdominale Chirurgie. Im vollen Bewusstsein der Schwierigkeiten, welche sich der Einbürgerung derartiger Vorschläge entgegenstellen, ist Pfannenstiel immer wieder und überall dafür eingetreten. Er hat noch die Genugtuung erlebt, dass sein Verfahren immer ausgiebigere Anerkennung gefunden hat; kommende Generationen werden voraussichtlich diesen Faszienquerschnitt als die Schulmethode übernehmen […]“.
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Literatur
- 1 Kroemer P. Hermann Johannes Pfannenstiel – Nekrolog. Archiv für Gynäkologie 1909; 89: I-VII
- 2 Martin A, von Rosthorn A. Nekrolog Hermann Johannes Pfannenstiel. Monatsschrift für Geburtshülfe und Gynäkologie 1909; 30: 137-145
- 3 OʼDowd MJ, Philipp EE. The History of Obstetrics & Gynaecology. New York, London: Parthenon Publishing Group; 1994
- 4 Ludwig H. Hermann Johannes Pfannenstiel (1862–1909) und sein suprasymphysärer Faszienquerschnitt. Der Gynäkologe 2005; 38: 276-278
- 5 Pfannenstiel J. Über die Vorteile des suprasymphysären Faszienquerschnitts für die gynäkologischen Köliotomien, zugleich ein Beitrag zu der Indikationsstellung der Operationswege. Sammlung Klinischer Vorträge, Neue Folge 1900; 268 (Gynäkologie Nr. 97): 1735-1756
- 6 Pfannenstiel J. Verbesserung der Laparotomietechnik. Medizinische Gesellschaft in Gießen. Klinischer Abend in der Universitäts-Frauenklinik am 16. Dezember 1902. Deutsche Medizinische Wochenschrift, Vereinsbeilage 1903; 29: 54-55