Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2012; 47(10): 636-644
DOI: 10.1055/s-0032-1329401
Fachwissen
Intensivmedizin Topthema: Lungenersatzverfahren
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Lungenersatzverfahren – Wenn Beatmung alleine nicht mehr reicht: Extrakorporale Lungenassistenzverfahren

If mechanical ventilation comes to its limits: Extracorporeal lung assist
Jörg Brederlau
,
Julian Küstermann
,
Markus Kredel
,
Norbert Roewer
,
Ralf Michael Muellenbach
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
24. Oktober 2012 (online)

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Zusammenfassung

Extrakorporale Lungenassistenzverfahren können pumpenlos arterio-venös oder pumpengetrieben veno-venös eingesetzt werden und dienen nur der CO2-Elimination, entsprechen also einer extrakorporalen Ventilation. Die Oxygenierung als Funktion des mittleren Atemwegsdrucks muß respiratorunterstützt über die Patientenlunge sichergestellt werden.

In der Behandlung des akuten Lungenversagens werden extrakorpale Lungenassistenzverfahren eingesetzt, um im Rahmen eines multimodalen Behandlungskonzeptes die Invasivität der mechanischen Beatmung weiter zu senken. Gelänge es damit, die pulmonale und systemische Entzündungsreaktion zu reduzieren, könnte sich ein positiver Effekt auf das Outcome ergeben, da das Multiorganversagen nach wie vor die häufigste Todesursache beim akuten Lungenversagen darstellt. Eine weitere große Patientengruppe, die zukünftig möglicherweise von einer extrakorporalen Ventilation profitieren könnte, sind Patienten mit einer akuten Exazerbationen einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung.

Abstract

Extracorporeal lung assist can be performed pumpless by using the arterio-venous driving pressure or pumpdriven in a veno-venous mode. Oxygenation is maintained via the native lungs and depends mainly on mean airway pressure during mechanical ventilation.

Extracorporeal lung assist can be part of a multimodal treatment concept in patients with acute lung injury. It aims at a further reduction of the applied tidal volume and peak pressures in order to reduce the intensity of the pulmonary and systemic inflammatory response which is the main factor for the development of multi-organ failure in this group of patients. Eventually patients with acute exacerbation of a chronic pulmonary disease might also benefit from extracorporeal ventilation.

Kernaussagen

  • Insbesondere beim Vorliegen nicht rekrutierbarer Lungenareale unterhält die invasive Beatmung eine pulmonale Entzündungsreaktion.

  • Auch unter lungenprotektiver Beatmung kann das applizierte Tidalvolumen regional relativ zu hoch sein.

  • Die beatmungsassoziierte pulmonale Entzündungsreaktion kann ein Multiorganversagen auslösen oder fördern. Das Multiorganversagen ist die Haupttodesursache beim akuten Lungenversagen.

  • Mit extrakorporalen Lungenassistenzverfahren kann hocheffektiv CO2 eliminiert, also extrakorporal ventiliert werden. Dies kann arteriovenös pumpenlos oder venovenös pumpengetrieben erfolgen.

  • Der über die Membranlunge geleitete O2-Frischgasfluss bestimmt die Decarboxylierungsleistung.

  • Der maximal über die Membranlunge leitbare Blutfluss ist zu gering, um eine relevante Oxygenierung gewährleisten zu können. Die Oxygenierung während extrakorporaler Lungenassistenz muss über die vom Respirator generierte Atemmittellage sichergestellt werden.

  • Die extrakorporale Lungenassistenz zeigt Potenzial, im Rahmen eines multimodalen Behandlungskonzepts der ARDS-Therapie das Tidalvolumen weiter reduzieren zu können, ohne dass es zu einer dekompensierten respiratorischen Azidose kommt.

  • Bisher konnte bei ARDS-Patienten keine Mortalitätsreduktion durch extrakorporale Lungenassistenz nachgewiesen werden.

  • Bei Patienten mit akuter Exazerbation einer COPD könnte durch den Einsatz extrakorporaler Lungenassistenzverfahren die invasive Beatmung mit ihren deletären Folgen für diese Patientengruppe ver-mieden werden.

  • Extrakorporale Lungenassistenzverfahren sollten nur an ARDS-Kompetenzzentren eingesetzt werden.

Ergänzendes Material