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DOI: 10.1055/s-0032-1333547
Risikofaktor Pflegekräftemangel
Publication History
Publication Date:
02 January 2013 (online)
Wettbewerb um qualifiziertes Personal und Fachkräftemangel – im Gesundheitswesen ist dies längst Realität und keine Prognose mehr für eine weit entfernte Zukunft. So häufen sich in diesem Jahr Meldungen zu dieser Thematik im Vergleich zu den Vorjahren. Die Zahlen hierzu sprechen eine deutliche Sprache: So ist laut der Bundesagentur für Arbeit (BA) zum Beispiel die Zahl der Stellenangebote für Altenpflegefachkräfte seit 2007 um 216 % gestiegen. Und pro Stellenangebot gibt es nur etwa 0,3 arbeitslose examinierte Altenpfleger bzw. es dauert derzeit durchschnittlich fast 4 Monate, um eine Stelle neu zu besetzen. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) Achim Dercks sagte gegenüber dem „Handelsblatt Online“, dass fast 7 von 10 Betrieben aus dem Bereich der Gesundheits- und Sozialdienstleistungen im Fachkräftemangel ein großes Risiko für ihre Geschäftsentwicklung sehen (im Vergleich zu ungefähr jedem dritten Unternehmen in der Gesamtwirtschaft).
Zudem ist die Zahl der Menschen, die eine Ausbildung in einem Pflegeberuf begannen, von 9000 im Jahr 2009 bzw. 11 000 im Jahr 2010 auf knapp 6500 im Jahr 2011 gesunken. Dies ist angesichts der sowieso schon bis an die Grenzen und darüber hinaus ausgereizten Personalschlüssel keine gute Nachricht. Beispielsweise erfüllt laut einer Mitteilung der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) nur jede fünfte Intensivstation in Deutschland die pflegefachliche Strukturempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste (DGF). Prof. Fritz Beske, Leiter des Fritz-Beske-Instituts für Gesundheits-System-Forschung Kiel, sagte bei der zwölften gesundheitspolitischen Veranstaltung im Rahmen der Kieler Woche im Juni dieses Jahres, dass die Zahl der Pflegebedürftigen sich bis 2060 auf circa 4,5 Millionen verdoppeln wird. Umgemünzt auf den Bedarf an Pflegekräften heißt dies, dass allein schon bis zum Jahr 2020 circa 165 000 nichtärztliche Fachkräfte fehlen werden (Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC aus dem Jahr 2010). Dazu kommt noch, dass viele Pflegekräfte verständlicherweise mit den Arbeitsbedingungen unzufrieden sind und sich überlegen, die Arbeitsstelle oder sogar den Beruf zu wechseln.
In Zukunft werden die Arbeitgeber im Gesundheitswesen also noch mehr um qualifizierte Pflegekräfte ringen als bisher. Und diese kommen nicht nur aus dem Inland. So arbeiten schon heute vermehrt Pflegekräfte aus dem europäischen Ausland in Deutschland. Darunter sind auch viele Griechen, die so der Situation in ihrem von einer hohen Arbeitslosenrate gebeutelten Heimatland entfliehen können. In Deutschland werden sie dringend benötigt, wenn eine sichere Patientenversorgung garantiert werden soll. Allerdings wird das Arbeitskräftepotenzial in der EU nicht ausreichen, um den Bedarf zu decken, wie der Präsident des Arbeitgeberverbandes Pflege Thomas Greiner gegenüber der dapd sagte. Daher initiierte der Verband ein Modellprojekt, über das 150 chinesische Pflegekräfte voraussichtlich Anfang 2014 nach Hessen, Hamburg und Baden-Württemberg kommen werden. Allein schon deshalb wird alles rund um das Stichwort „Willkommenskultur“ immer wichtiger werden.
Und natürlich darf man die hiesigen Arbeitskräfte in der Pflege nicht vergessen: Auch sie müssen noch besser qualifiziert und besser entlohnt werden bzw. bessere Arbeitsbedingungen vorfinden – ansonsten könnten in Zukunft noch mehr Stellen noch länger unbesetzt bleiben. Apropos, auch im Editorial des diesjährigen Supplements „Im Fokus“ zum Thema „Dialysetechnik“ schreiben die Gasteditoren Marion Bundschu, Ulm, und Hans-Martin Schröder, Neuwied, etwas zur Qualifikation von Pflegekräften: So ist es im Sinne der Patientensicherheit notwendig, in den Dialysezentren genügend und gut ausgebildete Fachpflegekräfte zu haben, welche die Dialysetechnik verstehen und bedienen können. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine interessante Lektüre des Supplements und natürlich auch dieser Ausgabe der Dialyse aktuell mit dem Schwerpunkt „Genetik von Nierenerkrankungen“!