Zusammenfassung
Auch für die Behandlung von Brustkrebs bilden Leitlinien und Expertenkonsensus eine
unverzichtbare Basis für eine evidenzbasierte Auswahl der Therapie. In Deutschland
sind dies unter anderem die S3-Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft, die Leitlinien
der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie und der Expertenkonsensus von St. Gallen.
Durch sie wurden einheitliche Behandlungsstrategien erreicht und so wesentliche Fortschritte
bei der Behandlung des Mammakarzinoms mit ermöglicht. Für die Entscheidung, ob Patientinnen
mit einem luminalen Mammakarzinom der mittleren Risikogruppe mit einer chemo-endokrinen
Therapie behandelt werden sollten oder ob eine einfache Hormontherapie ausreicht,
stellen die verwendeten Leitlinien jedoch weiterhin keine allgemein anerkannten und
einem medizinischen Standard genügende Verfahren dar. Dies wird besonders bei der
divergierenden Einschätzung der Anwendbarkeit von Proteasen, Ki67 und Genexpressionstests
deutlich. Sie wurden als neuere diagnostische Verfahren eingeführt, um die auf der
Basis der klassischen klinisch-pathologischen Entscheidungskriterien unbestritten
unbefriedigende Therapiestratifizierung der beschriebenen Patientinnen zu verbessern.
Zurzeit lassen sich die Argumente einer vordergründig besseren Validierung der einen
Methode gegen die anscheinend bessere diagnostische Leistungsfähigkeit der anderen
Methode, anders als manche Leitlinie meint feststellen zu müssen, nicht objektiv beurteilen.
Dies ist keine Schwäche des Konzepts von Leitlinien oder der daran beteiligten Protagonisten.
Es ist der Preis des rapiden Fortschritts in der Medizin. Gleichzeitig ist es aber
Verpflichtung für die behandelnden Senologen und Pathologen als Experten in ihrem
Gebiet, diesen medizinischen Fortschritt mit Augenmaß und schon vor einer umfassenden
Konsolidierung der Leitlinien für eine sicherere und zielgerichtetere Behandlung ihrer
Patientinnen einzusetzen.
Abstract
Clinical guidelines and experts’ consensus form an important basis for the evidence
based selection of therapies against breast cancer. The S3 guideline of the Deutsche
Krebsgesellschaft, of the Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie and the experts’
consensus of St. Gallen are among the important guidelines for clinical use in Germany.
Substantial progress in the management of breast cancer patients was achieved by introducing
these guidelines into daily practice. Nevertheless, the key decision whether to employ
chemo-endocrine therapy or a less aggressive hormonal treatment remains ambiguous
for most patients with luminal tumors. The guidelines still fail to provide a generally
accepted and objective standard to stratify such patients for therapy. This is stressed
by the strikingly divergent assessment of the clinical usability of proteases, Ki67
and gene expression tests. These methods were introduced to improve the non-debatably
poor therapy stratification of the aforementioned patient cohort based on classical
clinico-pathological criteria alone. Contrasting some guidelines, at this point, it
appears impossible to balance the arguments for an ostensibly superior validation
of one method against the case for an apparently superior diagnostic performance of
another approach. Clearly, this disagreement does not demonstrate any weakness of
the concept of therapy guidelines or their protagonists. It is the price to pay for
the rapid progress in medicine. At the same time it marks the obligation of the treating
oncologists and pathologists to employ this medical progress for a more secure and
more targeted treatment of their patients even before the consolidation of all guidelines
has been accomplished.
Schlüsselwörter
Gen-Signaturen - Mammakarzinom - Leitlinien - prädiktive Biomarker
Key words
gene-signatures - breast cancer - guidelines - predictive biomarker