Psychiatr Prax 2014; 41(04): 224
DOI: 10.1055/s-0033-1336954
Szene
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Mein Unbehagen in der heutigen Psychiatrie

Philipp Kuwert
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. Mai 2014 (online)

 

Ich merke, dass ich – tastend – die richtigen Worte suche, und doch möchte ich ein deutliches Unbehagen in Worte fassen, was mich seit mehreren Jahren zunehmend beschäftigt: Welche Bilder von psychischem Kranksein und von Heilung haben wir heute, also 2013? Wir verwenden kritiklos Begriffe wie Störung und ahnen doch, dass der Mensch kein Automotor ist, wo man gelegentlich eine Störung beheben muss. Psychiatrische Lehrstühle werden mit Ordinarien besetzt, die – angesichts des Konkurrenzdrucks in der Forschung verständlich – mehr im Labor gestanden haben, als Gespräche mit Patienten zu führen. In der psychiatrischen Wissenschaft reden wir von Impact-Faktoren, und wissen doch in der Tiefe, dass ein Hinterherrennen nach quantitativem output von smallest publishable units (am ehesten noch zu erbringen mit mainstream Themen) kreatives Denken massiv behindert und alle Beteiligten unter den Druck bringt, möglichst viel zu bringen – und ausgerechnet wir wollen dann Behandler sein für die Menschen, die im heutigen Neoliberalismus ein burnout entwickeln? Wo doch alle, die nicht völlig dickhäutig sind (eine zweifelhafte Qualifikation in der Psychiatrie) sich in der Zerrissenheit zwischen Forschung und Klinik und einer häufig verschulten Lehre befinden, deren Eingleisigkeit und fehlende Entwicklungsräume den Studenten als Reform vorgegaukelt wird.