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DOI: 10.1055/s-0033-1346892
Akzidentelle Hypothermie/schwere Unterkühlung
Publication History
Publication Date:
16 December 2013 (online)
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Als Hypothermie wird eine Reduktion der Körperkerntemperatur unter 35 °C bezeichnet. Die Hypothermie wird nach dem Schweregrad in mild (35–32 °C), moderat (32–28 °C) und schwer (< 28 °C) graduiert. Beim Polytrauma gilt eine abweichende Einteilung, da eine erhöhte Inzidenz posttraumatischer Komplikationen bereits bei geringerem Temperaturverlust ab 34 °C nachgewiesen wurde.
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Die Ursache für die Hypothermie ist vielfältig. Die endogene Hypothermie resultiert aus einer metabolischen Dysfunktion mit reduzierter Wärmeproduktion, einer zentralnervösen Störung oder aus einer dermalen Schädigung (Verbrennung). Die kontrolliert-induzierte Hypothermie durch aktive Kühlung des Patienten findet klinisch relevante Anwendung in der elektiven Chirurgie, insbesondere bei thorax-, herz- oder neurochirurgischen Eingriffen und beim Herz-Kreislauf-Stillstand. Im Gegensatz zur kontrolliert-induzierten Hypothermie beschreibt die akzidentelle Hypothermie einen unbeabsichtigten Abfall der Körperkerntemperatur aufgrund einer Kälteexposition, ohne dass eine endogene Dysfunktion vorliegt. Die Ursache der Hypothermie im Rahmen einer Mehrfachverletzung wird als multifaktoriell erachtet.
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Pathophysiologisch führt eine milde Hypothermie zu einem Anstieg der Herzfrequenz und Steigerung des Cardiac Output. Durch Muskelzittern wird endogen Wärme zur Kompensation freigesetzt. Darüber hinaus führt eine kältebedingte Einschränkung aktiver Transportprozesse renal zur gesteigerten Diurese.
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Mit zunehmendem Kälteverlust kommt es bei moderater Hypothermie zur zunehmenden Muskelstarre und zum Sistieren des Kältezitterns. Bei Körperkerntemperaturen um 30 °C verlieren die betroffenen Patienten das Bewusstsein. Eine zunehmende Bradykardie geht einher mit einer Zentralisation und Abnahme des Sauerstoffverbrauchs. Die Atemfrequenz nimmt ab. Hämostaseologisch kommt es zu einer Hemmung der Thrombozytenaggregation und -adhäsion, was die Prognose bei polytraumatisierten Patienten im hämorrhagischen Schock kompromittiert.
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Eine weitere Zunahme der Hypothermie lässt das Myokard vulnerabel auf mechanische Reize reagieren, es findet sich eine hohe Gefahr maligner Herzrhythmusstörungen. Bei Körpertemperaturen unter 20 °C geht die Bradykardie in der Regel direkt in eine Asystolie über. Pulmonal reduziert sich die Atemfrequenz auf wenige Züge bis zur Apnoe. Die Gerinnung ist neben der zellulären Funktionsstörung auch plasmatisch signifikant eingeschränkt.
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Den zentralen Therapieansatz der Hypothermie stellt die Wiedererwärmung dar, da die pathophysiologischen Effekte als reversibel anzusehen sind. Präklinisch ist jedoch eine deutliche Erwärmung zu unterlassen, da dies aufgrund der Rückführung kalten Blutes nach zentral mit konsekutiver Vasokonstriktion zur verminderten Myokardperfusion führen und letztlich im myokardialen Pumpversagen resultieren kann. Bedeutsam sind die Vermeidung unnötiger Patientenbewegungen und die horizontale Lagerung zur Protektion kardialer Rhythmusstörungen und somit zur Vermeidung des sogenannten „Bergungstodes“. Auf einen Wärmeerhalt ist zu achten.
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Bei Asystolie oder Kammerflimmern ist in üblicher Weise die Reanimation des Patienten durchzuführen, da prognostisch gute klinische Ergebnisse nach Wiedererwärmung trotz langer Kreislaufinsuffizienz beschrieben sind. Bei schwerer Hypothermie (< 28 °C) kann zunächst bei schwierigen Punktionsverhältnissen auf die Anlage eines peripher venösen Zugangs zur Medikamentenapplikation verzichtet werden, im Fall einer Applikation ab 30 °C wird eine doppelte Medikamentendosierung empfohlen. Bei Kammerflimmern unter einer Körperkerntemperatur von 30 °C sind Defibrillationen selten erfolgreich, bis zu 3 Defibrillationsversuche sind zulässig.
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Schwer hypotherme Patienten sollten in Krankenhäuser mit der Option einer intensivmedizinischen Versorgung transportiert werden.
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Der Hypothermie kommt im Zusammenhang mit dem Traumamechanismus (Ertrinken, Unfall, Lawinenunfall) oder mit weiteren Aspekten (Mehrfachverletzung) eine besondere Bedeutung zu. Die präklinische Versorgung orientiert sich dabei an den besonderen Umständen (schwerer Seegang, Gebirge etc.). Grundsätzlich sind die allgemeinen pathophysiologischen Veränderungen durch die Hypothermie zu berücksichtigen, die präklinischen Maßnahmen können jedoch variieren. So divergiert die präklinische Versorgung beim Lawinenunfall zeitabhängig nach der Dauer der Verschüttung.
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Intensivmedizinisch stehen nach der präklinischen Primärversorgung verschiedene aktive und passive Wiedererwärmungstechniken zur Verfügung. Die aggressive Wiedererwärmung mit einer Zielkörperkerntemperatur von 36 °C findet bei hypothermen Patienten im akuten Blutungsschock Anwendung, regelhaft wird aber eine langsame Wiedererwärmung mit 0,5 °C pro Stunde vorgenommen. Die präklinisch induzierte, therapeutische Hypothermie ist bislang nur für den Herz-Kreislauf-Stillstand evident. Diesbezüglich ist ein signifikanter Überlebensvorteil nachgewiesen. Bei Patienten mit SHT hingegen ist dieser nicht sicher eruierbar, trotz eines intrakraniell drucksenkenden Effektes. Klinische Analysen hinsichtlich der Anwendung beim polytraumatisierten Patienten liegen bislang nicht vor.
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