Zahnmedizin up2date 2014; 8(1): 35-61
DOI: 10.1055/s-0033-1346896
Varia
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte

Tim Oehler
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Publication Date:
21 January 2014 (online)

Einleitung

Für Zahnärzte stellt sich die Frage, wie sie sich auf dem Gesundheitsmarkt positionieren können. Die Musterberufsordnung setzt an dieser Stelle Grenzen, vor allem in Bezug auf Werbung. Sie gestattet dem Zahnarzt in § 21 sachliche Informationen über seine Berufstätigkeit. Berufswidrige Werbung ist dem Zahnarzt untersagt. Im Umkehrschluss ergibt sich, dass dem Zahnarzt nicht jede Form der Werbung verboten ist, sondern eben nur die berufswidrige Werbung. Daraus ergeben sich folgende Fragen:

  • Was ist Werbung?

  • Welche Grenzen werden der Werbung gesetzt?

Definition von Werbung

Werbung ist ein Verhalten, das darauf angelegt ist, andere dafür zu gewinnen, die Leistung desjenigen in Anspruch zu nehmen, für den geworben wird [[1]].

Die Grenzen der ärztlichen und zahnärztlichen Werbemöglichkeiten werden vor allem, aber nicht abschließend, durch das Berufsrecht und das Wettbewerbsrecht gezogen, daneben spielt auch das Markengesetz eine Rolle (Abb. [1]).

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Abb. 1 Die Grenzen der zahnärztlichen Werbemöglichkeiten werden durch verschiedene Gesetze gezogen.

Berufsrecht

Aufgabe des zahnmedizinischen Berufsrechts, welches im Gesetz und in Satzung normiert, ist es, die Fachkompetenz des Zahnarztes zur seriösen zahnärztlichen Behandlung des Patienten unter Beachtung der gesetzlichen und berufsrechtlichen Normen rechtlich abzusichern. Dies soll sicherstellen,

  • dass alle Zahnärzte die unveräußerlichen ethischen Werte und Qualitätsstandards einhalten,

  • dass der Schutz des Gemeinwohls gewährleistet wird, und

  • dass nicht einzelne Zahnärzte das Vertrauen von Verbrauchern und Patienten missbrauchen [[2]].


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Markengesetz

Das Markengesetz gehört begriffsmäßig nicht zum Wettbewerbsrecht. Das bedeutet nicht, dass das Markengesetz für den Zahnarzt bei der Werbung keine Rolle spielt. Exemplarisch ist das berühmte Bild des grünen Apfels zu nennen. Eine frühere Werbung für Zahnpasta hat dem Biss in einen grünen Apfel als Test zur Überprüfung des Gesundheitszustands des Zahnfleisches zu einer gewissen Bekanntheit verholfen. Die Marke „grüner Apfel“ wurde schließlich geschützt [[3]].

Dies bedeutete in der Folge für diejenigen Zahnärzte eine Abmahnung des Markeninhabers, die den grünen Apfel gerne als Symbol für gesunde Zähne und als Hinweis im Zusammenhang mit Parodontosebehandlungen im Rahmen z. B. ihrer Internetpräsenz verstanden wissen wollten. Die unreflektierte und mit dem Markeninhaber nicht abgesprochene Benutzung dieser Marke führte zu einer Markenrechtsverletzung, die kostenintensiv abgemahnt werden durfte.


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Wettbewerbsrecht

Definition des Wettbewerbsrechts

Als Wettbewerbsrecht im weiteren Sinne werden teilweise das Kartellrecht und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zusammengefasst verstanden.

Wettbewerbsrecht im engeren Sinne ist jedoch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Das Kartellrecht fasst das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und die Regelungen in den europäischen Verträgen und den Verordnungen, die zur Durchführung der europäischen Verträge erlassen wurden, zusammen.

Merke: Um jeden Zweifel auszuschließen, sollte man den Begriff „Wettbewerbsrecht“ nur für das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) benutzen.

Die unterschiedlichen Aufgaben des GWB einerseits und des UWG andererseits lassen sich mit der Faustformel beschreiben, dass das GWB dafür sorgt, dass es überhaupt („ob“) Wettbewerb gibt. Demgegenüber soll das UWG die Lauterkeit des Wettbewerbs („wie“ Wettbewerb stattfindet) regeln. Trotzdem gibt es Überlagerungen und Wechselwirkungen.

Der Blick in das UWG wiegt den Adressaten angesichts der geringen Anzahl der Vorschriften (20 Stück) in einer trügerischen Sicherheit. Diese Übersichtlichkeit verleitet durchaus zu der Annahme der sicheren Beherrschbarkeit dieser Regelungen. Zu bedenken gilt es aber, dass man bei diesen Vorschriften durchaus von Blankettregelungen sprechen kann. Der Gesetzgeber hat angesichts der ständigen Fortentwicklung von z. B. Werbemaßnahmen es der Rechtsprechung durchaus überlassen wollen, diese Vorschriften anhand von Einzelfällen zu konkretisieren. Das Ergebnis ist eine umfangreiche juristische Kommentierung, die quantitativ weit über die an sich gut zu überblickenden Vorschriften hinausgeht. Angesichts des technischen Fortschritts wäre es aber auch gar nicht möglich gewesen, für jeden Einzelfall im Voraus eine gesetzliche Regelung zu erlassen.

Mit den sich im Fluss befindlichen technischen Entwicklungen (z. B. digitale Möglichkeiten) befindet sich auch die Rechtsprechung zu den Werbemöglichkeiten in einer ständigen Bewegung. Dies muss nicht nur in Werbebeschränkungen, sondern kann auch in eine Liberalisierung (z. B. im Rahmen der Internetwerbung) einmünden.

Der vorliegende Beitrag stellt daher exemplarisch anhand ausgewählter Fallgruppen die durch die Rechtsprechung in Bewegung versetzten wettbewerbsrechtlichen und berufsrechtlichen Grenzen bei der Werbung dar.

Merke: Die Bedeutung der berufs- und wettbewerbsrechtlichen Einschränkung von Advertising erschöpft sich nicht allein in der Beschneidung der eigenen Werbemöglichkeiten. Vielmehr drohen empfindliche berufsrechtliche und wettbewerbsrechtliche Konsequenzen, die der Zahnarzt vermeiden sollte.


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  • Quellenverzeichnis

  • 1 BGH, Urteil vom 15. 03. 2001 – I ZR 337/98.
  • 2 Musterberufsordnung für Zahnärzte (v.a. Präambel und §§ 1 ff.).
  • 3 BGH, Beschluss vom 28. 09. 2011 – I ZB 71/10 – Grüner Apfel II.
  • 4 OVG NRW, Urteil vom 18. 04. 2013 – 13 A 1210/11; vorhergehend: VG Münster, Urteil vom 19. 04. 2011 – 7 K 338/09.
  • 5 BVerwG, Beschluss vom 25. 06. 2007 – 3 B 82.06.
  • 6 OLG Zweibrücken, Urteil vom 21. 08. 1998 – 2 U 29/97.
  • 7 OVG NRW, Beschluss vom 13. 08. 1998 – 13 A 1781/96.
  • 8 BVerwG, Beschluss vom 25. 08. 2010 – 3 B 31.10.
  • 9 OLG Zweibrücken, Urteil vom 21. 08. 1998 – 2 U 29/97.
  • 10 OLG München, Urteil vom 11. 01. 2013 – LBG-Z 1/12.
  • 11 BVerwG, Beschluss vom 07. 05. 2013 – 3 B 62/12.
  • 12 OVG NRW, Urteil vom 25. 05. 2012 – 13 A 1384/10.
  • 13 OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. 02. 2003 – I-20 U 4/03.
  • 14 LG Berlin, Urteil vom 28. 06. 2012 – 52 O 231/11.
  • 15 KG Berlin, Urteil vom 31. 08. 2007 – 5 W 253/07.
  • 16 Eisenmann H, Jautz U. Grundriss gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht. 8.. Aufl. Heidelberg: Müller; 2009. Rn. 372
  • 17 Spickhoff A. Medizinrecht. München: Beck; 2011. § 2 GOZ Rn. 3
  • 18 Spickhoff A. Medizinrecht. München: Beck; 2011. § 2 GOZ Rn. 4
  • 19 BVerfG, Beschluss vom 26. 08. 2003 – 1 BvR 1003/02.
  • 20 BVerfG, Beschluss vom 03. 07. 2001 – 1 BvR 873/00.
  • 21 BVerfG, Beschluss vom 01. 06. 2011 – 1 BvR 233/10 und 235/10.
  • 22 LG Flensburg, Beschluss vom 04. 03. 2009 – 6 O 30/09.
  • 23 LG Köln, Urteil vom 21. 06. 2012 – 31 O 25/12.
  • 24 LG Köln, Urteil vom 21. 06. 2012 – 31 O 767/11.
  • 25 OVG NRW, Urteil vom 06. 02. 2013 – 6 t A 1843/10.T.
  • 26 LG Bonn, Urteil vom 21. 04. 2011 – 14 O 184/10.
  • 27 BGH, Urteil vom 30. 10. 1991 – VIII ZR 51/91: Zur Zulässigkeit von formularmäßig abgeschlossenen ärztlichen Honorarvereinbarungen.
  • 28 LSG NRW, Urteil vom 26. 01. 1999 – L5 KR 101/98.
  • 29 BVerfG, Beschluss vom 08. 12. 2010 – 1 BvR 1287/08.
  • 30 BVerfG, Beschluss vom 19. 02. 2008 – 1 BvR 1886/06.