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DOI: 10.1055/s-0033-1346916
Die endotracheale Intubation
Ziel und Zweck
Die Wiederherstellung und Sicherung der Vitalfunktionen des Notfallpatienten ist die wichtigste Aufgabe des Notarztes. Dazu gehören u. a. die Ventilation, die optimale Oxygenierung des Patienten und die Verhinderung einer Aspiration. Hierfür stellt die orale endotracheale Intubation in vielen Fällen den Goldstandard dar. Diese Maßnahme ist bei gegebener Indikation (Checkliste 1) häufig lebensrettend, bei Fehlern oder Komplikationen im Rahmen des Intubationsvorganges jedoch mit einer erhöhten Morbidität und Letalität verbunden. In einer Studie von Timmermann et al. [1] waren 11 % der präklinisch intubierten Patienten endobronchial intubiert und 7 % ösophageal (mit einer Letalität von 80 %). Selbst in der endotrachealen Intubation erfahrene Notärzte (> 300 innerklinische endotracheale Intubationen) haben in 15 % der präklinischen Intubationen mit Schwierigkeiten zu kämpfen (schlechte bzw. keine Einsehbarkeit der Stimmbandebene, ≥ 3 Intubationsversuche, Blut oder Erbrochenes im Mund, ungünstige Position des Patienten) [2].
Indikation zur präklinischen endotrachealen Intubation
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Apnoe
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Schnappatmung
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Schädel-Hirn-Trauma mit GCS < 9
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Hypoxie trotz Sauerstoffgabe und Ausschluss eines Spannungspneumothorax
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respiratorische Insuffizienz
Die endotracheale Intubation ist aufgrund der akuten Vitalgefährdung des Patienten oft mit Stress für das gesamte Team assoziiert. Gleichzeitig ist die endotracheale Intubation aber auch eine Tätigkeit, die für Notärzte, die nicht anästhesiologisch tätig sind, nicht alltäglich ist; somit kann deren Ausführung mit Unsicherheiten verbunden sein [3]. Hinzu kommt, dass die Technik der endotrachealen Intubation nur innerklinisch am realen Patienten erlernt werden kann und selbst unter innerklinischen Bedingungen mindestens 150 erfolgreiche endotracheale Intubationen notwendig sind, bis weitere Intubationen mit einer Erfolgsrate von 85 % durchgeführt werden können [4]. Ein Erlernen am Phantom oder Simulator ist nach wie vor unrealistisch [5], ebenso wie ein „Lernen durch Zuschauen“, da die engen anatomischen Verhältnisse im Kehlkopfbereich des Patienten nur die Visualisierung entweder für den Lehrenden oder den Lernenden zulassen.
Die endotracheale Intubation erfordert mehrere Arbeitsschritte:
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Vorbereitung und Funktionskontrolle des benötigten Materials (Checkliste 2)
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Absprache über die Aufgabenteilung im Team
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„Präoxygenierung“ („Denitrogenisierung“) des Patienten über 4 min bei ausreichender Spontanatmung mit hohem Sauerstoffflow bzw. bei unzureichender Spontanatmung mittels Masken-Beutel-Beatmung während der Vorbereitungszeit für die endotracheale Intubation
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Optimierung der Lagerung des Patienten
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(ggf.) Narkoseeinleitung und Muskelrelaxation (rapid sequence induction), Blutdruckmessung vor und nach Narkoseeinleitung alle 1–2 Minuten
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Öffnen des Mundes
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Verdrängen der Zunge mittels Laryngoskopie
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Darstellung und sichere Identifikation der Stimmbänder
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Einführung des Endotrachealtubus
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Lagekontrolle und Anschluss des CO2-Monitorings
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Fixierung des Tubus
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Anlage einer Magensonde
Vorbereitung zur präklinischen Intubation
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Absaugkatheter mit laufender Absaugung zur rechten Hand des Notarztes
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passender Endotrachealtubus mit Führungsstab
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Beatmungsbeutel mit Reservoir bzw. Demandventil und Sauerstoffzuleitung (O2-Fluss mind. 15 l/min)
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Laryngoskop mit passendem Spatel
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Blockerspritze
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Fixierungsmaterial
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ggf. Narkosemedikamente
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außer in Reanimationssituationen Monitoring des Patienten mit Pulsoxymetrie, EKG und nicht invasiver Blutdruckmessung
Fixierung des Tubus. Der Tubus muss sicher fixiert werden. Dies erfolgt präklinisch im einfachsten Fall mit einer Mullbinde. Hierbei ist streng darauf zu achten, dass der Tubus nicht nur mit einem „Ankerstich“ umschlungen wird, sondern zusätzlich ein fixierender Knoten (zwei „halbe Schläge“) den Tubus gegen Verrutschten sichert. Kostenintensiver sind speziell für die präklinische Situation entwickelte Tubushalterungen (z. B. Thomas Tube Holder, Laerdal). Zusätzlich sollte der Notarzt bei Umlagerungsmanövern oder bei Manipulation am Beatmungsschlauch den Tubus im Mundwinkel des Patienten fixieren und so gegen eine akzidentelle Dislokation sichern.
Anlage einer Magensonde. Prinzipbedingt führt nahezu jede präklinische Beutel-Maskenbeatmung zu einer Luftinsufflation in den Magen. Diese erhöht das Aspirationsrisiko, auch bei bereits bestehender Intubation, da der Cuff eines Endotrachealtubus gegenüber Flüssigkeiten nicht hundertprozentig dicht ist. Regurgitation von Mageninhalt sollte deshalb auch bei bestehender endotrachealer Intubation verhindert werden. Hierzu bietet sich die Entlastung des Magens mittels einer Magensonde oder als einfache und schnelle Lösung mittels des bereits verwendeten/vorbereiteten Absaugkatheters an.
Bei Kindern erlangt die Insufflation von Luft in den Magen aufgrund der ungünstigeren Größenverhältnissen schnell Relevanz bei der Beatmung (keine Ventilation der Lunge möglich, bei übervoller Magenblase) und der Hämodynamik.
Publication History
Publication Date:
16 December 2013 (online)
Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York
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Literatur
- 1 Timmermann A, Eich C, Russo SG. et al. The out-of-hospital esophageal and endobronchial intubations performed by emergency physicians. Anesth Analg 2007; 104: 619-623
- 2 Timmermann A, Russo SG, Eich C. et al. Prehospital airway management: A prospective evaluation of anaesthesia trained emergency physicians. Resuscitation 2006; 70: 179-185
- 3 Gries A, Zink W, Bernhard M. et al. Realistic assessment of the physician-staffed emergency services in Germany. Anaesthesist 2006; 55: 1080-1086
- 4 Bernhard M, Mohr S, Weigand MA. et al. Developing the skill of endotracheal intubation: implication for emergency medicine. Acta Anaesthesiol Scand 2012; 56: 164-171
- 5 Deakin CD, Murphy D, Couzins M, Mason S. Does an advanced life support course give non-anaesthetists adequate skills to manage an airway?. Resuscitation 2010; 81: 539-543
- 6 DGAI Handlungsempfehlung für das präklinische Atemwegsmanagement. Anästh Intensivmed 2012; 53: 294-308