Dtsch Med Wochenschr 2014; 139(01/02): 19-22
DOI: 10.1055/s-0033-1349545
Originalarbeit | Original article
Versorgungsforschung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Validität der ärztlichen Dokumentation von Disease Management Programmen

Disease management programs in Germany: Validity of the medical documentation
R. Linder
1   WINEG – Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg
,
D. Horenkamp-Sonntag
1   WINEG – Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg
,
S. Engel
1   WINEG – Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg
,
D. Köppel
2   Fachreferat Disease-Management-Programme der Techniker Krankenkasse, Hamburg
,
T. Heilmann
2   Fachreferat Disease-Management-Programme der Techniker Krankenkasse, Hamburg
,
F. Verheyen
1   WINEG – Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

18 December 2013

08 August 2013

Publication Date:
23 September 2013 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund und Fragestellung: Die für Disease Management Programme (DMP) spezifische Dokumentation nach § 137 SGB V bildet die Grundlage zur Evaluation der DMP. Eine evidenzbasierte Nutzenbewertung dafür steht bislang aus. Ziel der Studie war es, zu hinterfragen, ob und inwieweit sich die DMP-Dokumentation in ihrer heutigen Form für eine verlässliche Qualitätssicherung eignet.

Methodik: Untersucht wurden die Daten von knapp 300 000 TK-Versicherten, die vom 1.7.2009 bis 31.12.2010 durchgängig in ein DMP-Programm eingeschrieben waren. Für Inhalte, die in den GKV-Abrechnungsdaten und in der DMP-Dokumentation hinterlegt sind, wurde überprüft, inwieweit die Inhalte beider Dokumentationen übereinstimmen.

Ergebnisse: Bei den Arzneimittelverordnungen finden sich teilweise erhebliche Abweichungen, etwa eine doppelt so häufige Dokumentation von Glibenclamid-Verordnungen bei DMP gegenüber den in Apotheken eingelösten Rezepten. Nur ein Bruchteil der in den GKV-Abrechnungsdaten dokumentierten stationären Notfalleinweisungen findet sich in der DMP-Dokumentation wieder. Augenhintergrunduntersuchungen von Diabetikern erscheinen in der DMP-Dokumentation dreimal häufiger als sie von Augenärzten abgerechnet werden.

Folgerung: Es zeigen sich beachtliche Unterschiede zwischen den Inhalten, die über die GKV-Routinedaten bzw. über die DMP-spezifische Dokumentation verfügbar sind. Für die untersuchten Dokumentationsfelder weist die DMP-Dokumentation eine deutlich reduzierte Validität auf. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Bisherige Evaluationen der DMP allein auf Basis der DMP-Dokumentationen sind damit mehr als fragwürdig. Daraus leitet sich die Forderung ab, nicht nur die DMP zu reformieren, sondern auch die vertraglich vorgeschriebene DMP-Dokumentation.

Abstract

Background and aim: The specific documentation for disease management programs (DMP) in Germany with respect to § 137 Social Code Book V is the basis for evaluating the DMP. DMP run up costs of the order of a billion euro without assessing evidence-based benefit so far. Aim of this study was to question if and to which extent this documentation may be suitable for reliable quality assurance in its present form.

Methods: Data of nearly 300000 insured persons of a German Statutory Health Insurance (Techniker Krankenkasse, TK) which were continuously registered from July 1st 2009 until December 31st 2010 in a DMP were analyzed. We analyzed how items which were components of claims data and of DMP documentation were matched.

Results: With regard to prescriptions there were some considerable differences. Prescription of glibenclamid was documented twice as frequently in the DMP documentation compared to prescriptions filled in pharmacies. Only a fraction of emergency hospitalizations documented in the claims data were found in the DMP documentation. Investigations of the fundus oculi for diabetics are mentioned three times more frequently in the DMP documentation than they are accounted by ophthalmologists.

Conclusion: There are considerable differences between claims data and DMP specific documentation. The latter shows a plainly reduced validity for investigated fields in the documentation forms. Reasons for this are manifold. Former evaluations of DM Ps carried out just on the basis of DMP documentation are thus highly questionable. Therefore, the DMPs themselves and their documentation have to be reformed.