Einleitung: Bei der Untersuchung von Verhalten, Einstellungen und Prävalenzraten bei Kindern
und Jugendlichen, sind auch in der Suchtforschung Selbstangaben ein häufiges Erhebungsinstrument.
Insbesondere bei Fragestellungen, die abweichendes oder gesetzeswidriges Verhalten
betreffen, kann sozial erwünschtes Antwortverhalten auftreten, sodass die Ergebnisse
begrenzte Gültigkeit haben. Dies betrifft auch Angaben zum Alkohol- und Tabakkonsum.
Um die Selbstangaben zu Tabakkonsum und Passivrauchbelastung von Grundschülern der
3. und 4. Klassen zu validieren, wurden diese in der PriSeTA-Studie durch Cotinin-Werte
objektiviert.
Methode: An 49 zufällig ausgewählten Grundschulen (kontaktiert: n = 280) im Regierungsbezirk
Darmstadt (Hessen) wurden 2010/11 eine standardisierte schriftliche Querschnittsbefragung
durchgeführt und Speichelproben genommen. Das Kultusministerium, die teilnehmenden
Grundschulen, die Erziehungsberechtigte sowie die befragten Kinder haben die Studiendurchführung
schriftlich bewilligt. Das speziell für die Zielgruppe entwickelte Erhebungsinstrument
umfasste 65 geschlossene Fragen insbesondere zu Risikoverhalten, -einstellung und
-wissen zu Alkohol- und Tabakkonsum. Die Speichelproben wurden unmittelbar nach der
Befragung gewonnen und mittels Gaschromatografie/Massenspektrometrie auf Cotinin,
ein Abbauprodukt von Nikotin, untersucht. Proben mit einem Volumen von weniger 500µL
wurden ausgeschlossen. Die Nachweisgrenze des Verfahrens lag bei 0,3 µg/L.
Diskussion/Ergebnisse: Die Selbstangaben von 1806 Schülern der dritten (n = 786) und vierten Klasse (n =
1020) konnten analysiert werden. Von dem durchschnittlich 9,4 ± 0,7Jährigen gaben
14 (0,8%) an, aktiv zu rauchen. 33,6% der Kinder gaben an, dass zu Hause in ihrer
Anwesenheit geraucht wird. 1421 (78,7%) Kinder gaben eine analysierbare Speichelprobe
ab. Von diesen Proben zeigten 12,6% (n = 145) eine Cotininkonzentration über der Nachweisgrenze.
Alle Kinder, deren Speichel einen Cotininwert über der Nachweisgrenze aufwies, gaben
an, in den letzten 2 Tagen nicht geraucht zu haben und 7,4% (n = 33) der betroffenen
Kinder gaben keine Passivrauchbelastung an.
Schlussfolgerung: Diskrepanzen zwischen Selbstangaben und objektivierter Tabakexposition konnten aufgezeigt
werden. Dies deutet auf sozial erwünschtes Antwortverhalten hin, welches insbesondere
bei der Durchführung von Prävalenzstudien wie auch bei Interventionsstudien berücksichtigt
werden sollte. Maßnahmen zur Objektivierung der Selbstangaben bei Passiv- und Aktivrauchexpositionen
erscheinen daher als unabdingbar.