Gesundheitswesen 2013; 75 - A218
DOI: 10.1055/s-0033-1354172

Inanspruchnahme von gesetzlichen Angeboten zur Krankheits- und Krebsfrüherkennung: Vergleich von GKV-Routinedaten mit Befragungsdaten der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell 2010“ (GEDA 2010)

F Koppelin 1, K Giersiepen 2, H Rothgang 3
  • 1Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth, Oldenburg
  • 2Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen, Bremen
  • 3Universität Bremen, Zentrum für Sozialpolitik, Bremen

Hintergrund: Versicherte der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) haben nach §25 SGB V Anspruch auf regelmäßige medizinische Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten ('Check-up 35') sowie auf regelmäßige medizinische Untersuchungen zur Früherkennung von Krebserkrankungen. Studien zeigen, dass es sowohl geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Inanspruchnahme der Krebsfrüherkennung gibt als auch bezogen auf andere psychosoziale und sozioökonomische Determinanten. Wirvergleichen hier Teilnahmequoten aus Befragungsdaten mit Routinedaten. Methoden: Für das Jahr 2009 wurden Abrechnungsdaten der Gmünder Ersatzkasse (seit 2010 BARMER GEK) ausgewertet und die Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen altersstandardisiert für die jeweilige Alterszielgruppe berechnet (Teilnahmeprävalenz). Die herangezogenen Befragungsdaten stammen aus der telefonischen Befragung „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (Robert Koch-Instituts: GEDA 2010, September 2009 bis Juli 2010). Die Forschungsarbeit wurde für den Bericht zur gesundheitlichen Lage der Männer in Deutschland des Robert Koch-Instituts (in Vorbereitung) durchgeführt. Ergebnisse: In den Kassenabrechnungsdaten zeigte sich für alle Untersuchungen eine höhere Teilnahmeprävalenz bei den Frauen als bei den Männern. Die Teilnahmequote in 2009 betrug für das Hautkrebsscreening (Abrechnungs-Ziffern 01745 und 01746) 8,7% bei den Männern und 10,2% bei den Frauen. Da das Hautkrebsscreening alle 24 Monate angeboten wird, wären diese Werte zu verdoppeln für die 24-Monate-Teilnahmequote. Die GEDA 2010 Befragung stellt für die Teilnahme seit Aufnahme dieser Untersuchung in den Leistungskatalog der GKV im Juli 2008 eine „jemals Teilnahmequote“ von jemals 23,5% bei Befragten ab 35 Jahren fest. Die Inanspruchnahme einer Früherkennungs-Darmspiegelung lag in den Kassendaten für Personen von mindestens 55 Jahren im Jahr 2009 bei 0,73% bei den Männern und bei 0,75% bei den Frauen. Das Angebot kann nach zehn Jahren einmal wiederholt wahrgenommen werden. Die GEDA 2010 Befragung stellte fest, dass eine Darmspiegelung von 58,9% aller befragten Männer und 57,5% aller Frauen ab 55 Jahren jemals wahrgenommen worden war. Relativ hoch war die Teilnahme am „Check-up 35“. 2009 hatten 13,9% der bei der GEK versicherten Männer den Check-up in Anspruch genommen, bei den Frauen waren es 15,9%. Bezogen auf einen 2-Jahreszeitraum nahm damit knapp ein Drittel aller GEK-Versicherten dieses Angebot wahr. Von den in GEDA 2010 Befragten ab 35 Jahren gaben 55,4% an, jemals einen Gesundheits-Check-Up in Anspruch genommen zu haben. Aus dieser Gruppe gaben 88,1% der Männer und 90,6% der Frauen an, den „Check-up 35“ auch in den letzten zwei Jahren vor der Befragung in Anspruch genommen zu haben. Damit steht der in den Kassendaten gemessenen 24-Monate-Teilnahmeprävalenz bei den Männern von 27,8% eine in den GEDA-Daten berichtete von 48,8% gegenüber. Bei den Frauen beträgt das Verhältnis: 31,8% (Kassendaten) zu 50,2% (GEDA). Diskussion: Auf Basis von Befragungsdaten liegen die untersuchten Teilnahmequoten durchweg höher als in den untersuchten Routinedaten. Dies mag an erwünschtem Antwortverhalten bei Befragungen liegen. Zusätzlich können Selektionseffekte – z.B. eine überproportionale Berücksichtigung von gesundheitsbewusst Lebenden in der GEDA Befragung – eine Rolle spielen. Die GEDA-Studie 2010 weist eine Kooperationsrate von 55,8% auf, während in den Kassendaten eine Verzerrung durch mangelnde Response nicht entstehen kann.