Transfusionsmedizin 2013; 3(2): 72
DOI: 10.1055/s-0033-1356880
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Buchbesprechung – Das Gerinnungskompendium

Contributor(s):
Rüdiger E. Scharf
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Publication Date:
04 September 2013 (online)

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„Gerinnung“ und „Gerinnungsstörungen“ sind vielen Ärzten, den meisten Medizinstudenten allzumal, ein „Buch mit sieben Siegeln“. Dabei wird jeder Kliniker nahezu täglich mit Blutungs- oder Thromboseproblemen konfrontiert, ganz abgesehen von der großen Zahl an Patienten, die antithrombotische Substanzen zur Prophylaxe oder Akuttherapie erhalten. Das jetzt von Monika Barthels und ihrem Autorenteam in 2. Auflage vorgelegte Buch bietet unter den Stichworten „Schnellorientierung“, „Befundinterpretation“ und „klinische Konsequenzen“ richtungsweisende Lösungen.

Dem in 5 Abschnitte gegliederten Buch ist, didaktisch hervorragend und äußerst praxisorientiert, als „Appetizer“ ein Kapitel „Befundkombinationen“ vorangestellt. Es gibt Auskunft über gängige pathologische Befundkonstellationen beim Hämostase-Screening und bietet weiterführende problemorientierte Laboruntersuchungen zur rationalen Stufendiagnostik. Ein prägnant abgefasstes Kapitel über die Mechanismen und Komponenten des Hämostasesystems folgt. Mit diesen Grundlagen erschließt sich dem Leser nun umso einfacher das breite Spektrum erworbener und angeborener Hämostasestörungen, wie sie uns am Krankenbett begegnen. Physiologische Schwankungen oder schwangerschaftsassoziierte reaktive Veränderungen des Hämostasesystems werden ebenso dargestellt wie Besonderheiten beim Neugeborenen und im Kindesalter. Kernstück des Kompendiums ist das Kapitel zur Laboratoriumsdiagnostik, das fast die Hälfte des Buches umfasst. Hier werden die verschiedenen Untersuchungsverfahren jeweils unter Aspekten wie klinische Bedeutung, Testprinzip, Methodik, Stör- und Einflussgrößen, Referenzbereiche und Befundinterpretation vorgestellt. Gesonderte Abschnitte sind den Themen Qualitätsmanagement, Monitoring der Antikoagulanzientherapie und Point-of-Care-Tests gewidmet. Ein Therapiekapitel (mit der etwas sperrigen Überschrift „Hämostaseologische Arzneimittel“) befasst sich schließlich mit den verschiedenen Hämotherapeutika, parenteralen und oralen Antikoagulanzien (einschließlich der neuen direkten FXa- und FIIa-Inhibitoren), antithrombozytären Substanzen (und ihren pharmakologischen Angriffspunkten), den Antifibrinolytika und hämostasefördernden Medikamenten. Dankenswerterweise finden wichtige Aspekte wie Arzneimittelinteraktionen Berücksichtigung.

Das Gerinnungskompendium ist nicht nur übersichtlich strukturiert und hervorragend geschrieben, sondern auch vorzüglich ausgestattet. Schematische Abbildungen, klinische Illustrationen und kompakte, gleichwohl übersichtliche Tabellen ergänzen in hervorragender Weise den Text und erleichtern die Lektüre. Hier spiegelt sich die umfassende praktische und didaktische Erfahrung der Herausgeberin als Hämostaseexpertin, Hochschullehrerin und jahrzehntelange Organisatorin und Dozentin des GTH-Intensivkurses für klinische Hämostaseologie wider.

Die Entwicklung der Hämostaseologie seit Ersterscheinung des Gerinnungskompendiums war rasant. Die vollständig überarbeitete Neuauflage trägt dieser Entwicklung Rechnung, allerdings um den Effekt, dass das Buch gegenüber der Vorauflage nun um 60 % dicker geworden ist (und nicht mehr in eine Kitteltasche passt). Dafür wird der Leser aber auch reichlich belohnt. „Kompendium“ steht eben nicht nur für kurzgefasstes, kompaktes Lehrbuch, sondern auch für umfassendes Nachschlagewerk. Vor allem verfügen praktisch tätige Ärzte und Medizinstudenten jetzt über ein Instrumentarium, das ihnen den Umgang mit Hämostasestörungen erschließt, nunmehr als ein „Buch ohne sieben Siegel“.

 
  • Literatur