Zahnmedizin up2date 2014; 8(6): 621-635
DOI: 10.1055/s-0033-1358050
Kinder- und Jugendzahnheilkunde
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

MTA in der Kinderzahnmedizin – Grundlagen zum Material und Anwendungen in der Kinderzahnmedizin

Richard Steffen
,
Norbert Krämer
,
Hubertus van Waes
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
21. November 2014 (online)

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Einleitung

Mineral-Trioxid-Aggregate (MTA) wurden zur endodontischen Defektdeckung entwickelt. Für diesen Zweck hat dieses Material die idealen Eigenschaften. Es bindet unter Feuchtigkeit ab, ist biokompatibel, antibakteriell und selbstdichtend. Das Material wurde erstmals 1993 in der Literatur vorgestellt [1] und erhielt unter dem Namen ProRoot™ MTA von der „US Food & Drug Administration“ die Zulassung als Medizinprodukt [2].

Der Bezeichnung MTA ist ein Kunstbegriff und entstand aus den hauptsächlichen Inhaltsstoffen Trikalziumsilikat, Dikalziumsilikat, Tetrakalziumaluminoferrit, Kalziumsulfat, Trikalziumaluminat und Bismutoxid (BO) [3]. Ohne das Bismutoxid ist dies die identische Zusammensetzung wie bei Portland-Zement (PZ) [3] (Tab. [1]). Obwohl dies in der Literatur nie explizit kommuniziert wurde, besteht MTA lediglich aus industriell gefertigtem und für die Zahnmedizin aufbereitetem Portland-Zement mit einem Zusatz von 16–25 % Bismutoxid als Röntgenkontrastmittel. Dies ist auch in der US-Patentschrift so aufgeführt [4].

Tabelle 1 Zusammensetzung von MTA und Portland-Zement im Vergleich.

Material

Zusammensetzung

Masse der Elemente in %

Daten: Medcem GmbH, Weinfelden, Schweiz

MTA (zahnfarbenes ProRoot™ MTA; MTA Angelus)

SiO2, Na2O, K2O, Al2O3, Fe2O3, SO3, Bi2O3, CaO, MgO sowie unlösliche Reste von CaO, K2SO4, Na2SO4, Na2SO4

O (30,5), Ca (37,2), Si (7,9), S (0,8), Mg (1,0), Al (1,7), K (0,3), Fe (2,8), Bi (17,9/MTA Angelus weniger)

Medizinischer Portland-Zement (Selektion Weißzement)

SiO2, Na2O, K2O, Al2O3, Fe2O3, SO3, CaO, MgO sowie unlösliche Reste von CaO, K2SO4, Na2SO4, Na2SO4

O (35,5), Ca (39,1), Si (9), S (2,0), Mg (1,9), Al (2,7), K (1,6), Fe (3,7)

Obwohl das Grundmaterial des MTA industriell gefertigter PZ ist, wurde immer auf die Unterschiede zu dem im Bauwesen eingesetzten Material hingewiesen. So wurden als hauptsächliche Unterschiede zwischen PZ und MTA die verschieden geformten und in der Größe inhomogenen Zementpartikel angeführt. Dass es sich dabei um systembedingte Unterschiede (Zementtyp, Mahlung, Siebung) im PZ handelt, wurde erst später erkannt. Lässt man das BO weg und wird Portland-Zement richtig gesiebt und selektiv die richtige Zementsorte ausgewählt, sind die Materialien nahezu identisch [5].

Die zementtypischen Schwankungen in Teilchengröße, Teilchenform und chemischer Zusammensetzung finden sich dann gleichermaßen beim PZ aus dem Baubereich und beim MTA. Ein weiterer Kritikpunkt zur klinischen Verwendung von kommerziell erhältlichem PZ ist der angeblich höhere Anteil an Schwermetallen. Es ist richtig, dass bestimmte Zementsorten einen deutlich höheren Anteil an Schwermetallen und Kaliumverbindungen aufweisen. Besonders stand beim PZ der höhere Anteil an Arsen unter Kritik. Mit der richtigen Auswahl des PZ-Typs ergeben sich nahezu identische Schwermetallgehalte beim PZ und beim MTA. Diese Inhaltsmengen schwanken dabei meist in einem Bereich von 2–10 ppm [6], [7].

Es ist daher angebracht, immer wenn von MTA gesprochen wird, von beiden, also von MTA-/PZ-Materialien oder von (wie im englischen Sprachraum „calciumsilicate based materials“) kalziumsilikatbasierten Materialien zu sprechen [5], [7].

Merke: Die in der Zahnmedizin eingesetzten MTAs sind in aller Regel aus speziell aufbereitetem, jedoch immer noch industriell gefertigtem Portland-Zement hergestellt.