Ernährung & Medizin 2014; 29(1): 1
DOI: 10.1055/s-0033-1361550
editorial
Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

Editorial

Diabetestherapie: Ernährung effektiver als Pharmaka?
Andreas F. H. Pfeiffer
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Publikationsdatum:
20. März 2014 (online)

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Die Diabetologie unterliegt einem erheblichen Wandel sowohl in der Pharmakotherapie wie in der Ernährung. Neue Medikamente wie DPP4- und SGLT2-Hemmer sowie Inkretin-Analoga lösen weder Gewichtszunahme noch Unterzuckerungen aus und werden zusammen mit Metformin sehr erfolgreich eingesetzt. Die Möglichkeit einer exzellenten Blutzuckerkontrolle ab Diagnose durch 2-fach- oder 3-fach-Kombinationen wirft die Frage auf, ob diese Stoffwechselverbesserung eine Reduktion von Herzinfarkten, Schlaganfällen und der diabetesassoziierten Komplikationen an Augen, Nerven und Nieren bewirkt, was noch zu zeigen bleibt. Hier liegt ein großes Defizit der Diabetologie, nachdem klar wurde, dass kurzfristige Verbesserungen der Blutzuckerspiegel nach langer, schlechter Einstellung wenig bewirken. Wir benötigen deshalb dringend langfristige Studien, die belegen, dass eine dauerhaft gute Stoffwechselkontrolle wirksamer ist als nur die Korrektur der Blutfette und des Blutdrucks zur Reduktion der Diabeteskomplikationen.

Im letzten Jahr sind wichtige Studien zur Bedeutung der Ernährung in der Diabetestherapie erschienen. Fettreiche Ernährung mit Olivenöl oder Nüssen in mediterraner Kost reduzierte sowohl Herzinfarkte wie Schlaganfälle bei Diabetikern in der spanischen Predimed-Studie. Fettarme Ernährung, 6 kg Gewichtsreduktion und Anleitung zu Sport hatte in der amerikanischen LookAhead-Studie dagegen überhaupt keine Auswirkung auf diese Ereignisse. Es kommt wohl weniger auf die Fettmenge als die Fettart an – sodass hier Änderungen der Empfehlungen zu überlegen sind. Eine wichtige Aufgabe ist, eine „mediterranoide Kost“ für unsere lokalen Essgewohnheiten zu entwickeln und ihre Vorteile auch hier überzeugend nachzuweisen, sodass sie „evidence based“ Eingang in die Diabetestherapie finden kann. Die Systembiologie gesunder Ernährung zur Erklärung ihrer Wirkmechanismen steckt noch in den Kinderschuhen, allerdings mit gewaltigem Potenzial!

Momentan ist jedenfalls der präventive Effekt der gesunden Ernährung auf Diabeteskomplikationen besser belegt als derjenige von Medikamenten – das sollte Eingang in die Therapie finden.

Prof. Dr. Andreas F. H. Pfeiffer