Transfusionsmedizin 2014; 4(3): 107-108
DOI: 10.1055/s-0033-1362711
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schritt für Schritt zu neuen Therapien

Hubert Schrezenmeier
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Publication Date:
26 August 2014 (online)

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

vielen wissenschaftlichen Entwicklungen ist gemeinsam, dass eine initiale Phase der Euphorie nach wichtigen Entdeckungen einer Periode der Ernüchterung weicht. Dies trifft auch für Entwicklungen neuer Therapien zu, welche sich häufig langwieriger und komplexer darstellen als anfänglich eingeschätzt. Vielfach werden aber genau in dieser Phase durch weitere Detailanalysen der Wirkmechanismen und Interaktionen wesentliche Erkenntnisse für die erfolgreiche Weiterentwicklung gewonnen – weniger spektakulär als die initialen Berichte, aber doch stetig dem Ziele entgegen.

Dies gilt auch für die in diesem Heft ausführlich dargestellten regenerativen Therapien mit endothelialen Progenitorzellen und die Immuntherapien mit dendritischen Zellen.

Eine wegweisende Publikation zu den endothelialen Progenitorzellen erschien schon 1997. Dies inspirierte Autoren zu vielen weiteren Artikeln, in welchen Phänotyp und Funktion von Progenitorzellen mit Potential für therapeutische Angiogenese beschrieben wurden. Eva Rohde aus Salzburg stellt in ihrem Übersichtsartikel in dieser Ausgabe die Entwicklung seither zusammen und macht deutlich, dass aussichtsreiche therapeutische Protokolle nur entwickelt werden können, wenn wir die Biologie dieser Zellen gut verstehen.

Dendritische Zellen, welche eine Schlüsselrolle bei der Induktion und Regulation von Immunantworten spielen, wurden von Ralph Steinman erstmals 1973 beschrieben. In dem CME-Beitrag in dieser Ausgabe fasst Holger Hackstein aus Gießen die über 40-jährige Entwicklung mit wesentlichen präklinischen Meilensteinen, der Identifizierung funktionell relevanter Subpopulationen dendritischer Zellen und einer Übersicht über die derzeit wachsende Zahl DC-basierter klinischer Studien zusammen.

Diese Entwicklungen, zusammen mit Fortschritten bei anderen neuartigen Zelltherapeutika (siehe frühere Ausgaben dieser Zeitschrift, z. B. mesenchymale Stromazellen, natürliche Killerzellen), sind wichtige Zukunftsthemen für die Transfusionsmedizin.

„Neues“ ist allerdings nicht auf Zelltherapie beschränkt: In dem Beitrag von V.  Petrescu und Koautoren aus Köln wird dargestellt, wie autologes Serum für Indikationen in der Augenheilkunde eingesetzt werden kann und die Transfusionsmedizin mit ihrem Know-how in der Entwicklung von Herstellungsprozessen und Kenntnissen der regulatorischen Rahmenbedingungen zur Entwicklung neuer Therapien beitragen kann.

Burkhard Just und Robert Deitenbeck berichten über eine Patientin, welche durch ein Del-Erythrozytenkonzentrat eine Anti-D-Immunisierung entwickelte, und diskutieren, ob Anpassungen der Vorgaben für RhD-Untersuchungen in den Hämotherapie-Richtlinien erforderlich sein könnten.

Bei allen Therapien, etablierten wie neuen, spielen immer wieder verfügbare Ressourcen eine Rolle. Der Beitrag von Christian Enke und Christiane Woopen setzt sich mit dem Konflikt zwischen Patientenwohl und knappen Ressourcen auseinander.

Kongressbeiträge von Christof Weinstock aus Ulm und Christina Bade-Böding aus Hannover berichten Ihnen von Neuigkeiten der International Society of Blood Transfusion (ISBT) in Seoul (Mai 2014) und der European Federation of Immunogenetics (EFI) in Stockholm (Juni 2014).

In der Rubrik „Aktuell referiert“ werden wie gewohnt aktuelle Publikationen aus dem laufenden Jahr zusammengefasst, u. a. wichtige Studien zur medikamentösen Therapie der Hepatitis C und der Wirksamkeit einer Albumin-Substitution bei Sepsis.

Wir hoffen, dass Sie das Heft mit Freude und Interesse lesen, neue Erkenntnisse gewinnen, und wir freuen uns wie immer auf Ihre Kommentare und Anregungen.

Für das Herausgeberteam