Z Sex Forsch 2014; 27(1): 44-58
DOI: 10.1055/s-0034-1366171
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Rolle der Psychotherapie in einem integrativen Behandlungsansatz bei Geschlechtsdysphorie

Hagen Löwenberg
a   Psychotherapeutische Praxis, Mülheim/Ruhr
,
Werner Ettmeier
b   Psychotherapeutische Praxis, München
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Publication History

Publication Date:
25 March 2014 (online)

Übersicht

Seit der Veröffentlichung der „Standards der Behandlung und Begutachtung von Transsexuellen“ im Jahr 1997 hat bei der diagnostischen Konzeption des Phänomens ein Umdenken in Richtung „Geschlechtsdysphorie“ stattgefunden. Berechtigte Bestrebungen zur Entpathologisierung des Andersseins setzen sich durch. Die gegenwärtige Neuentwicklung einer wissenschaftlichen Leitlinie eröffnet sowohl die Chance als auch die Notwendigkeit, die Rolle der Psychotherapie innerhalb des interdisziplinären Behandlungsspektrums zu hinterfragen und neu zu definieren. Im vorliegenden Artikel werden die Unterschiede der verschiedenen Störungsbegriffe in ihren Auswirkungen auf psychotherapeutische Behandlungen erörtert. Das Aufgabengebiet, die verschiedenen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu koordinieren, wird von der Richtlinien-Psychotherapie abgegrenzt und als „integrative Behandlung“ definiert. Erörtert werden Aufgabe und Stellenwert der Richtlinien-Psychotherapie, die in Zukunft keine Voraussetzung der Kostenübernahme für somatische Behandlungen, jedoch weiterhin ein Angebot im Rahmen des gesamten Behandlungsspektrums sein soll. Wesentliche störungsspezifische Aspekte der psychotherapeutischen Behandlung von Patienten mit Geschlechtsdysphorie werden dargelegt. Im Zusammenhang mit der Indikationsstellung für somatische Maßnahmen bedarf der Schutz des psychotherapeutischen Raums größerer Beachtung.