Psychother Psychosom Med Psychol 2014; 64(12): 472-476
DOI: 10.1055/s-0034-1367055
Aktuelle psychosomatische und psychotherapeutische Behandlungsansätze
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Metakognitive Therapie in der Behandlung der unipolaren Depression

Metacognitive Therapy in the Treatment of Depression
Oliver Korn
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität zu Lübeck
,
Julia Korn
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität zu Lübeck
,
Ulrich Schweiger
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität zu Lübeck
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Publikationsverlauf

eingereicht 20. Oktober 2013

akzeptiert 22. Januar 2014

Publikationsdatum:
23. April 2014 (online)

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Zusammenfassung

Zu den neueren Entwicklungen der Verhaltenstherapie zählt die Metakognitive Therapie (MCT), die von A. Wells entwickelt wurde. Sie geht davon aus, dass für die Behandlung von psychischen Störungen die Inhalte von Kognitionen nicht von Bedeutung sind. Stattdessen spielen aus einer metakognitiven Perspektive für ihre Entstehung und Aufrechterhaltung perseverierende und unflexible Muster des Denkens und der Aufmerksamkeitslenkung und damit assoziierte dysfunktionale Bewältigungsstrategien eine bedeutende Rolle. Diese charakteristischen Muster werden auch als kognitives Aufmerksamkeitssyndrom (CAS) bezeichnet. Bei der unipolaren Depression besteht das CAS aus einem exzessiven Grübeln und sich Sorgen machen, einer ausgeprägten Lenkung der Aufmerksamkeit auf potentielle Gefahren (Bedrohungsmonitoring) sowie maladaptiven Verhaltensstrategien wie z. B. sozialer Rückzug oder Substanzmissbrauch. Den Hintergrund für den Einsatz dieser Strategien stellen positive metakognitive Überzeugungen dar, die ihren Nutzen für den Patienten betonen (z. B.: „Grübeln hilft mir, eine Lösung für meine Probleme zu finden.“). Über die Zeit bilden sich jedoch auch negative metakognitive Überzeugungen hinsichtlich der Unkontrollierbarkeit dieser Prozesse und ihrer Gefährlichkeit (z. B.: „Ich kann Grübeln nicht kontrollieren!“). Sie tragen zu einer Aufrechterhaltung der obigen Strategien und dem Einsatz weiterer dysfunk­tionaler Bewältigungsstrategien bei. Die metakognitive Therapie zielt auf eine Steigerung des metakognitiven Bewusstseins des Patienten und die Wiedererlangung der flexiblen Kontrolle über kognitive Prozesse und Prozesse der Aufmerksamkeitslenkung. Das CAS und dysfunk­tionale Bewältigungsstrategien werden abgebaut, die ihnen zugrunde liegenden metakognitiven Überzeugungen verändert und alternative Pläne der kognitiven Verarbeitung generiert. Die vorhandenen Studiendaten deuten darauf hin, dass die MCT hinsichtlich ihres Therapieerfolges in der Behandlung der unipolaren Depression der Kognitiven Verhaltenstherapie überlegen sein könnte.

Abstract

Metacognitive Therapy (MCT) developed by A. Wells is one of the new developments of Behavior Therapy. It assumes that not the content of cognition is important for the treatment of psychological disorders. Instead of this from a metacognitive perspective persistent and unflexible patterns of thinking and focusing attention and therewith associated dysfunctional coping behaviors play a crucial role for their development and maintenance. These patterns are called Cog­nitive Attentional Syndrome (CAS). In depres­sion the CAS consists of excessive rumination and worry, focusing attention on potential danger (threat monitoring) and maladaptive coping strategies, e. g. avoidance of social contact or substance abuse. The reason for the use of these strategies is the existence of positive metacognitions which highlight its benefit for the patient (e. g. “Rumination helps me to find a solution for my problems!”). Over time however negative metacognitive beliefs develop about the uncontrollability and danger of these processes (e. g., “Rumination is uncontrollable!”). They account for the continued use of these strategies and of further coping behaviors that backfire. The aim of MCT is to improve the metacognitive awareness of the patients and to regain flexible control over processes of thinking and focusing attention. The CAS is reduced, the underlying metacognitive beliefs are changed and alternative plans of cognitive processing are generated. The existing data suggest that regarding treatment outcome MCT is possibly superior to Cognitive Behavior Therapy.