Psychiatr Prax 2014; 41(04): 182-183
DOI: 10.1055/s-0034-1369953
Debatte: Pro & Kontra
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Integrierte Versorgung unter gemeindepsychiatrischer Steuerung – Pro

Integrated Health Care Managed by Community Psychiatric Services – Pro
Reinhold Kilian
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Sektion: Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung, Universität Ulm
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Publication Date:
06 May 2014 (online)

Pro

Deutschland gehört einerseits zu den Ländern mit den weltweit höchsten Ausgaben für die psychiatrische Versorgung, mit der größten Dichte an psychiatrischen Fachärzten, mit der höchsten Zahl an psychiatrischen Krankenhausbetten, den meisten Psychiatrielehrstühlen, der besten Medikamentenverfügbarkeit und auch mit der umfassendsten Krankenversicherung, andererseits gleicht jedoch insbesondere das ambulante psychiatrische Versorgungssystem einem Flickenteppich, der weder dem Anspruch einer evidenzbasierten Gesundheitsversorgung noch dem in letzter Zeit zunehmend postulierten Anspruch nach gleichen Lebensverhältnissen gerecht wird [1] [2].

Praktisch zeigt sich diese Diskrepanz unter anderem darin, dass heute jeder von einer psychischen Erkrankung betroffene Mensch zwar an jedem Ort in Deutschland Anspruch auf ein Bett in einer psychiatrischen Klinik, auf die Behandlung durch einen Facharzt sowie auf das gesamte Spektrum derzeit am Markt verfügbarer psychopharmakologischer Substanzen hat, jedoch nicht auf evidenzbasierte ambulante psychosoziale Behandlungsformen, wie z. B. Home-Treatment, Krisenintervention, Soziotherapie, therapeutisches Case-Management, familienzentrierte Psychoedukation oder Supported employment [3]. Die regionale Verfügbarkeit dieser und eines breiten Spektrums von weiteren evidenzbasierten ambulanten psychosozialen Behandlungsangeboten hängt bis heute weitgehend von mehr oder weniger zufälligen Konstellationen aus dem Engagement von Laien, Politikern, Betroffenen und psychiatrischen Experten und den Aktivitäten von Kommunen, Gebietskörperschaften, Wohlfahrtsorganisationen, freien Trägern, Krankenkassen usw. ab [4].

 
  • Literatur

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  • 10 Kilian R. Wieviel Pep hat PEPP. Gesundheitsökonomische Auswirkungen pauschaler Entgeltsysteme für die stationäre psychiatrische Versorgung. Kerbe 2013; 31: 42-44
  • 11 Kunze H, Schepker R, Heinz A. Pauschalisierte Entgelte für Psychiatrie und Psychosomatik. Wohin kann der Weg gehen?. Deutsches Ärzteblatt 2013; 110: 27-28