Psychiatr Prax 2014; 41(S 01): S63-S68
DOI: 10.1055/s-0034-1370006
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Falsches Mitleid – tödliche Konsequenzen

Wie aus Helfern Täter werdenSpurious Pity – Lethal ConsequencesHow Helpers Turn into Offenders
Karl H. Beine
Universität Witten/Herdecke, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, St. Marien-Hospital Hamm
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
01. Juli 2014 (online)

Zusammenfassung

Diese Studie gibt einen Überblick über 40 Fälle von Tötungsserien in Kliniken und Heimen durch Mitarbeiter der Gesundheitsberufe. Im Vordergrund der Analyse stehen die 9 Tötungsserien im deutschen Sprachraum. Für die Untersuchung wurden die Gerichtsunterlagen im Hinblick auf spezifische Opfer-, Tatort- und Tätermerkmale ausgewertet. Die jeweiligen Arbeitsfelder wurden im Hinblick auf das Betriebsklima, die Stellung der Täter in ihrer Arbeitsgruppe, Konflikte am Arbeitsplatz und den Umgang mit ersten internen Hinweisen auf suspektes Verhalten untersucht. Aus den Einzelfallanalysen wird abgeleitet, ob es allgemeine Frühwarnhinweise und ob Gemeinsamkeiten bei den Opfern, den Tätern und in den jeweiligen Tätigkeitsbereichen vorhanden sind. Persönliche Befindlichkeiten, Arbeitsbedingungen und die permanente Konfrontation mit menschlichem Leiden können so miteinander verschränkt sein, dass sich die vordergründige Motivation zum Helfen in ihr abgründiges Gegenteil verkehrt. Wesentlich ist dafür ein Mitleidsbegriff, der wirkliche Anteilnahme und Selbstmitleid verwechselt.

Abstract

This study gives a general view of 40 cases of killing series by members of staff in health care professions in hospitals and homes. The main issue of the analyses are the nine killing series in the German language area. For the investigation legal documents concerning specific characteristics of victimes, site of crime and offenders were evaluated. The respective fields of work were investigated concerning the working climate, the position of the offenders in their working group, conflicts in the work place and the handling of the first intern hints to suspective behaviour.

It is derives from the case-by-case analyses if there are any preliminary warnings and if there are any commonalities with regard to the victimes, the offenders and the respective fields of activity. Personal sensitivities, working conditions and permanent confrontation with human sufferings can be interlaced with each other in that way that the superficial motivation to help is abysmally reversed. In this repect a term of compassion, which confounds real sympathy and self-pity, is essential.