Dtsch Med Wochenschr 2014; 139(23): 1249-1252
DOI: 10.1055/s-0034-1370039
Prävention & Versorgungsforschung | Review article
Psychiatrie, Versorgungsforschung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Versorgungssituation bei psychischen Störungen in Deutschland

Aktueller Stand und PerspektivenMental healthcare in Germany – current situation and perspectives
S. Kowitz
1   Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, LVR-Klinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität, Medizinische Fakultät, Düsseldorf
,
J. Zielasek
1   Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, LVR-Klinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität, Medizinische Fakultät, Düsseldorf
,
W. Gaebel
1   Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, LVR-Klinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität, Medizinische Fakultät, Düsseldorf
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Publikationsverlauf

16. Dezember 2013

13. Februar 2014

Publikationsdatum:
27. Mai 2014 (online)

Zusammenfassung

In den letzten Jahren wurde ein erheblicher Anstieg der Inanspruchnahme des Versorgungssystems aufgrund psychischer Störungen verzeichnet. Aktuelle Untersuchungen zur Prävalenz psychischer Störungen zeigen, dass die Häufigkeit psychischer Störungen nicht zuzunehmen scheint. Derzeit können nur Vermutungen über die Gründe des deutlichen Fallzahlanstiegs bei eher stabiler Prävalenz psychischer Erkrankungen angestellt werden. Im Bereich der psychiatrisch-psychosomatisch-psychotherapeutischen Versorgung ist eine Steigerung der Kapazitäten zu verzeichnen. Trotz zunehmender Kapazitäten zeichnet sich sowohl im ambulanten wie auch im stationären Versorgungsbereich eine zunehmende Belastung ab, die darauf hinweist, dass die Nachfrage nach fachspezifischer Versorgung auch über die zunehmenden Kapazitäten bisher nicht hinreichend gedeckt werden kann. Ein erheblicher Anteil der Versorgung psychischer Erkrankungen entfällt auf allgemeinmedizinische und somatische Fachrichtungen einhergehend mit geringer disziplinenübergreifender und koordinierter Kooperation. Sektorübergreifende Versorgungsmodelle sind im Bereich der psychischen Störungen bisher nur in Einzelprojekten realisiert. Es fehlt an validen Daten, die die Ursachen und vor allem die Konsequenzen dieser Versorgungssituation offenlegen und Referenzmaßstäbe für eine optimierte, am Bedarf orientierte Versorgungsplanung liefern. Aus diesem Grunde ist es unerlässlich, künftig das Qualitätsmanagement in der Versorgung psychischer Erkrankungen weiter voranzutreiben. Ein Ausbau kooperativer, disziplinenübergreifender Versorgungsformen erscheint vor allem vor dem Hintergrund des hohen Anteils somatischer Komorbidität wichtig.

Abstract

For several years, there has been a significant increase of the utilization of health care due to mental disorders in Germany. Epidemiologic studies dealing with the prevalence of mental disorders show that the prevalence of mental disorders haven‘t increased. In consideration of the relative stable prevalence, currently there are only speculations about the reasons for the increasing service utilization. The capacity of psychiatric-psychosomatic-psychotherapeutic health care services is increasing. Despite the fact that capacity is increasing, in the outpatient and inpatient sector it comes apparent that there is an increasing burden, indicating that the demand for mental health care is not met by the capacity of psychiatric-psychosomatic-psychotherapeutic health care services. Health care provision by general practitioners and somatic disciplines predominate, going along with low cross-disciplinary and coordinated cooperation. So far, cooperative, intersectoral care models for mental disorders have been realized only in individual projects. Valid data are lacking, which need to reveal the causes and especially the consequences of this situation of mental health care provision and provide reference standards for an optimized, need-based care planning. For this reason, it is imperative to advance quality management for the care of mental disorders. With a view to the high rates of somatic comorbidity, an expansion of cooperative forms of mental health care appears essential.