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DOI: 10.1055/s-0034-1371798
Die Operationsmethoden: sicher, logisch und Schritt für Schritt Frontoethmoidektomie ± frontale Sinusotomie Typ I, II, III – Teil 2
Publication History
Publication Date:
29 April 2014 (online)
Chirurgische Techniken
Der Recessus frontalis sollte ohne eine strenge Indikation nicht operativ eröffnet werden.
Landmarken sind die Reste des Processus uncinatus und der Vorderwand der Bulla ethmoidalis sowie die genaue Kenntnis von Lage und Anordnung der vorderen Siebbeinzellen im CT.
Der obere Rest des Processus uncinatus wird mit einer scharfen 45°-Zange nach oben abgetragen. Erst jetzt ist es Zeit, auf ein 45°-Endoskop umzuwechseln, um sich eine gute Übersicht zu verschaffen. Noch nicht eröffnete Agger-nasi-Zellen, der Recessus terminalis und die Bulla ethmoidalis bilden miteinander verbundene Kuppeln. Häufig täuscht eine dieser Strukturen eine kleine Stirnhöhle vor. Durch vorsichtiges Sondieren – kein Stoßen! – mit einer Knopfsonde neben der mittleren Muschel gelangt man in einen Spalt zwischen der Muschel und den noch nicht nach oben eröffneten Zellen ([Abb. 21]). Dieses Vorgehen ist für die Typ-A-Situation mit dem Vorliegen eines Recessus terminalis reserviert (etwa 70% der Fälle).
Indem der Chirurg die Luft aus den Zellen „entweichen“ lässt, wird ein Spalt eröffnet, der sich als Zugang zum Recessus frontalis und zur Stirnhöhle herausstellen wird. Mit einer Knopfsonde gleitet er über deren Kuppeln, um sie dann vorsichtig zu lateralisieren. Bei guter Sicht gelingt dies durch eine submuköse Dissektion. Die Knochenfragmente sollten unter absoluter Schonung der Schleimhaut entfernt werden, um eine postoperative Stenose zu vermeiden. Bei dickem Knochen ist die gebogene Kuhn-Kürette ideal für diesen Vorgang. Diese Kuppeln sind abschnittsweise unüberdacht und enthüllen die nächste Zellreihe ([Abb. 22]).
Die entlastete Schleimhaut wird anschließend über die laterale Nasenwand drapiert. Durch Abtasten der Spitze des Os frontale mit der Kuhn-Kürette wird geprüft, ob die Spina frontalis als vordere Begrenzung der frontalen Sinusotomie erreicht worden ist ([Abb. 23]).
Der Recessus suprabullaris wird durch Entfernen der Reste der Bulla ethmoidalis freigelegt. Er beinhaltet die A. ethmoidalis anterior und davor allenfalls eine supraorbitale Zelle. Die supraorbitale Zelle liegt hinter dem Recessus frontalis und kann mit diesem leicht verwechselt werden. Nach diesen Schritten ist die frontale Typ-II-Sinusotomie abgeschlossen.
Nun wird die Eröffnung des Recessus frontalis überprüft. Dieser Nachweis gelingt:
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wenn sich eine Knopfsonde, eine Kuhn-Kürette oder ein gebogener Sauger ohne Widerstand hoch in den Sinus frontalis führen lässt
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indem man Winkel und Länge dieser Knopfsonde entlang dem maxillären Fortsatz registriert und diese dann außen an der Nase repositioniert
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indem man mit dem Endoskop hoch oben den Recessus frontalis durchleuchtet
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wenn der Operateur die konvexe posteriore Wand der Stirnhöhle zusammen mit der großen Sinushöhle sehen kann.
Um sicherzustellen, ob sich der Operateur im Recessus frontalis und in der Stirnhöhle befindet, kann neben der Nasenscheidewand die Knopfsonde zwischen Daumen und Zeigefinger unter gleichzeitiger Beobachtung des Winkels des Instruments gegriffen werden. Das Instrument wird dann zurückgezogen und Seite an Seite außen auf die Nase platziert, genau im gleichen Winkel mit dem eingeklemmten Griff, wie es neben der Nasenscheidewand lag ([Abb. 24]):
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Liegt das Ende der Knopfsonde höher als die Augenbrauenlinie, befindet sich das Instrument wahrscheinlich im Sinus frontalis.
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Liegt es am oder direkt über dem Augenwinkel, so befindet die Knopfsonde sich vermutlich nicht innerhalb des Recessus frontalis, sondern in einer Agger-nasi-Zelle.
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Ist der Griff der Knopfsonde beim Hochführen zum vermuteten Recessus frontalis nach lateral abgewichen, kann er durch eine lateral gelegene Bulla frontalis oder eine große supraorbitale Zelle abgelenkt worden sein.
Das Septum zwischen Bulla frontalis und Recessus frontalis wird am besten mit scharfen Zangen – so hoch, wie es das Instrument zulässt – abgetragen. Eine analoge Anwendung gilt für supraorbitale Zellen, die in die posteriore Wand des Sinus frontalis eindringen und sich dort ausdehnen. Wird die Sicht durch eine Blutung oder Polypen beeinträchtigt, sollte in dieser Gegend nicht „blind herumgestochert“ werden. Am besten benutzen Sie lokale Vasokonstringenzien und arbeiten bei besseren Sichtverhältnissen weiter.
Wird am Recessus frontalis operiert, können folgende Richtlinien hilfreich sein:
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Bevor Sie operieren, müssen Sie eine klare Vorstellung von der individuellen Anatomie besitzen. Entwerfen Sie im Kopf ein 3-dimensionales Bild der lokalen Verhältnisse, vom Ansatz des Processus uncinatus, der Position der Agger-nasi-Zellen, entweder der Bulla frontalis oder der supraorbitalen Zelle sowie von Position und Form der Zellen in und um den Resessus frontalis. Diese „Karte“ sollte den Operateur vor Irrwegen bewahren ([Abb. 25])!
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Wenn Sie mit einem Instrument in den Recessus frontalis eindringen, dürfen Sie auf keinen Fall nach medial stoßen, da die laterale Lamella meistens der dünnste Teil der Schädelbasis ist. Leicht würde so an dieser Stelle ein Liquorleck verursacht.
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Im Recessus frontalis darf nicht nach lateral palpiert werden. Existieren kleine oder keine Agger-nasi-Zellen, wird der Chirurg in die Orbita eindringen. Sorgfältige Überprüfung des CT ist Voraussetzung. Während Sie selber das Gebiet untersuchen, muss der Assistent das Auge ballottieren, um ein Eindringen in die Orbita zu vermeiden. Bestehen Zweifel über die aktuelle Lageposition des Instruments, bleiben Sie besser weiter anterior, direkt hinter dem „Schnabel“ des Os frontale, der dort sehr dick ist. Dringen Sie nur lateral zur sagittalen Ebene in den Recessus frontalis ein – in einer Linie mit dem Ansatz der mittleren Muschel zur Schädelbasis –, so ist es unwahrscheinlicher, die Dura zu perforieren.
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Die anteriore Wand der Bulla ethmoidalis gilt als guter Orientierungspunkt, um den Recessus frontalis zu finden – sie leitet, falls noch vorhanden, den Chirurgen direkt in diese anspruchsvolle Zone. Sie „bewacht“ auch die A. ethmoidalis anterior, falls diese an der Schädelbasis ansetzt. Dann befindet sich die Arterie normalerweise bei der nächsten Undulation im Dach der Bulla ethmoidalis.
Suchen Sie nicht nach der A. ethmoidalis anterior. Sie ist kein nützlicher – und zudem ein gefährlicher – Orientierungspunkt. Halten Sie sich vor Augen, dass ihr Kanal bei 80% der Patienten teilweise dehiszent ist. Ist die Schädelbasis sehr gut pneumatisiert (ausgedehnte supraorbitale Pneumatisation), kann die Arterie sogar wie ein Hängeseil frei liegen. Das CT wird den Chirurgen davor warnen – CT-Checkliste ([Abb. 26])!