Aktuelle Ernährungsmedizin 2014; 39 - P39
DOI: 10.1055/s-0034-1375893

Ernährungsstatus, Krankenhausverweildauer und Lebensqualität von Patienten vor Implementierung eines Ernährungsteams – eine Querschnittsstudie an einem deutschen Universitätsklinikum

K Mannsdörfer 1, 2, A Ehrmann 2, A Eisele 2, A Mühleis 2, W Torka 3, M Bitzer 4, T Meile 5, P Martus 6, G Blumenstock 6, SC Bischoff 1, 2
  • 1Universitätsklinikum Tübingen, Zentrum für Ernährungsmedizin/Klinisches Ernährungsteam, Tübingen, Germany
  • 2Universität Hohenheim, Institut für Ernährungsmedizin, Stuttgart, Germany
  • 3Universitätsklinikum Tübingen, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Tübingen, Germany
  • 4Universitätsklinikum Tübingen, Klinik für Innere Medizin I, Tübingen, Germany
  • 5Universitätsklinikum Tübingen, Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Tübingen, Germany
  • 6Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Klinische Epidemiologie und angewandte Biometrie, Tübingen, Germany

Fragestellung: In deutschen Krankenhäusern ist fast jeder dritte Patient mangelernährt. Folgen können eine veränderte Körperzusammensetzung, verringerte Lebensqualität (LQ) sowie eine verlängerte Krankenhausverweildauer und damit Zusatzkosten für das Gesundheitssystem sein. Die Implementierung eines interdisziplinären Ernährungsteams (E-Teams) kann dem entgegensteuern. Mit dieser Studie soll die Notwendigkeit eines E-Teams in einem deutschen Universitätsklinikum gezeigt werden.

Methodik: Patienten des Klinikums wurden innerhalb der ersten 3 Tage ihres Krankenhausaufenthalts mithilfe des NRS 2002 (NRS) gescreent. Patienten mit einem NRS≥3 (Mangelernährung bzw. Risiko einer Mangelernährung) wurden in die Studie eingeschlossen. Bei diesen wurde eine bioelektrische Impedanzanalyse durchgeführt, der Oberarmumfang (OAU) und die Trizepshautfaltendicke (THFD) bestimmt, die LQ mittels SF-12-Fragebogen (SF-12) sowie die Krankenhausverweildauer erfasst.

Ergebnis: Von Oktober 2012 bis Februar 2014 wurde bei 618 Patienten ein NRS durchgeführt (alle, die in den ersten 3 Tagen Ihres Krankenhausaufenthalts besucht werden konnten und einwilligten). 182 Patienten (30%) zeigten einen NRS≥3, davon waren 39% weiblich. Die anthropometrischen Messungen dieser 182 mangelernährten Patienten ergaben folgende Resultate: Gewicht 67,7 ± 15,6 kg; BMI 22,8 ± 4,4 kg/m2; THFD 11,7 ± 6,9 mm; OAU 27,1 ± 4,1 cm. Von den 182 Patienten waren 18,7% untergewichtig (BMI< 19 kg/m2), 52,2% normalgewichtig (BMI 19 – 24,99 kg/m2) 22,5% übergewichtig (BMI 25 – 29,99 kg/m2) und 6,6% der Patienten adipös (BMI> 30 kg/m2). Der Phasenwinkel war mit 4,9 ± 1,1 ° im Vergleich zu veröffentlichen Referenzwerten signifikant reduziert (p < 0,001), der ECM (Extrazelluläre Masse)/BCM (Körperzellmasse)-Index signifikant erhöht (1,3 ± 0,4, p < 0,001) und die LQ signifikant verringert (p < 0,01). Die Krankenhausverweildauer der Patienten mit einem NRS≥3 war mit 9,9 ± 4,9 Tagen im Vergleich zu Patienten mit einem NRS< 3 (5,0 ± 3,0 Tagen) signifikant erhöht (p < 0,001).

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen, dass krankheitsassoziierte Mangelernährung mit einer verschlechterten Körperzusammensetzung, einer geringeren LQ und einer längeren Krankenhausverweildauer assoziiert ist. Nur 18,7% der Patienten mit einem Risiko für Mangelernährung hatten einen BMI unter 19 kg/m2, was zeigt, dass Mangelernährung im Krankenhaus nicht nur anhand des BMI zu erkennen ist. Die Ergebnisse dieser Studie unterstreichen die Notwendigkeit eines E-Teams.