Zusammenfassung
Dies ist ein sehr persönlicher Vortrag, der auf eigenen Erfahrungen basiert; es ist
ein Rückblick auf die Entwicklung der Verhältnisse zwischen Juden (und Israelis) und
Deutschen in den letzten 50 Jahren -anfangs nur auf einer professionalen (u. A. Balint-)
Ebene und schließlich bis zur Entwicklung von persönlichen Freundschaften. Um die
Jahre der Naziverfolgungen keinesfalls zu vergessen, greife ich auf manches schmerzhafte
in der Vergangenheit zurück:
Die Juden in Deutschland wurden ab 1933 immer mehr boykottiert und bis 1939 auch
vertrieben. Ab 1942 wurden sie systematisch ermordet. Wir, meine Eltern und ich, hatten
das Glück um 1937 nach Palaestina (später Israel) zu flüchten, um dort eine neue Heimat
aufzubauen. Wir haben dort, trotz des absoluten Krieges gegen Deutschland, weiter
(parallel zur hebräischen-jüdischen) die deutsche Sprache und Kultur weiter gepflegt.
In den ersten Jahren nach dem zweiten Weltkrieg bestand ein tiefe Kluft zwischen den
überlebenden Juden und den Deutschen, ein Hass und eine sehr negative Atmosphäre,
die erst mit viel Mühe und „good will“ überbrückt werden konnte.
Nach unserer Auswanderung im Jahr 1937 nach Palaestina war ich zum ersten Mal im Jahr
1969 wieder kurz in meiner Geburtsstadt Kassel auf Besuch. Vorher war ich, vor allem
durch meine Identifikation mit meiner Frau und deren holländischer Familie (die als
holländische Juden in den Lagern verfolgt und ermordet wurden), niemals wieder in
Deutschland gewesen.
Mein Vater besuchte Kassel schon im Jahr 1951. Wir beide hatten bei diesem Besuch
sehr gemischte Gefühle: auf der einen Seite: „Es geschieht Euch recht, dass vieles
zerstört wurde“ – auf der anderen Seite: Wie schade um die schönen alten Häuser und
Kunstwerke.
Ich versuchte ganz vorsichtig professionale Beziehungen mit Deutschen anzuknüpfen,
die dann in manchen Fällen immer persönlicher wurden und schließlich zu gegenseitigen
Besuchen und zu immer mehr Vertrauen führten.
Die gemeinschaftliche Balintarbeit, vor allem das gegenseitige von einander Lernen,
hat sehr viel zu dieser positiven Entwicklung bei getragen.
Ich meine sicherlich dass der Holocaust ein einzigartiger systematischer Volksmord
war, den man nicht relativieren kann.
Aber man sollte nicht vergessen, dass es immer wieder und in vielen Ländern (auch
in Israel…) faschistische politisch-gefährliche Strömungen gibt. Nach den Erfahrungen,
die wir in den Jahren 1933–1945 gemacht haben, muss man gegen den Faschismus überall
kämpfen; denn es darf nie wieder einen Holocaust geben!
Abstract
This is a very personal lecture based on the experiences of the author: It is retrospection
on Jewish (and Israeli) relationships with Germans, during the last 50 years. Starting
on a professional (including Balint-) level and finally resulting in the development
of personal relationships.
In order not to forget by any means the Nazi-persecution of the Jews, I recollect
some very painful details which happened during those years.
Jews in Germany were, after 1933, more and more boycotted and until 1939 also expelled.
More or less, since 1942 they were systematically murdered. My parents and I had fortunately,
1937, the possibility to escape to Palestine (later Israel), in order to establish
there our new homeland. In spite of the absolute war against Germany, we continued
(in parallel with Jewish-Hebrew-) also the cultivation of the German language and
culture.
After the 2nd world war, a deep cliff existed, between Jews (inclusive Israelis) and Germans. There
were a lot of hate and negative feelings, which could be bridged only slowly by a
lot of effort and good will.
After our emigration, in 1937, to Palestine, I returned in 1969 for the first time,
for a short visit to my city of birth Kassel. I did not visit before, as I identified
with my wife and my family in law, who were persecuted as Dutch Jews and were brought
to the camps, where a great part of them was killed.
My father visited Kassel in 1951 already. We both had similar mixed feelings during
our visits. On one hand: “that so much is destroyed, is due to you” – on the other:
“It is a pity that so many beautiful old buildings and pieces of art were destroyed”.
I tried cautiously to start professional relationships, some of which developed gradually
into friendships including mutual personal home-visits in a growing sphere of confidence.
Balint work, especially our mutual learning, certainly contributed to this positive
development
In my opinion, I absolutely believe, that the Holocaust was a unique form of systematic
genocide, which should not be relativized.
But one should not forget that in many countries (including Israel…) there is the
danger of the development of fascistic radical political movements. Learning from
the political experiences of the years 1933–1945, we should be aware of this danger
and fight against these movements worldwide. A Holocaust must never happen again!.
Schlüsselwörter
Holocaust - Juden-Verfolgung - Überbrückungen - professionale und persönliche Beziehungen
- Balint Arbeit und persönliche Beziehungen - Erinnern und nicht vergessen
Key words
bridging - holocaust - persecution of Jews - professional and personal relationships
- remember and not forget