Fortschr Neurol Psychiatr 2014; 82(09): 491
DOI: 10.1055/s-0034-1385089
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Delir bei Demenz

Delirium and Dementia
M. Dieterich
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Publikationsdatum:
01. September 2014 (online)

Mit der zunehmend älter werdenden Bevölkerung stehen Hausärzte und auch Fachärzte immer häufiger vor der Frage, was hinter einer akuten Verwirrtheit steckt: ein Delir? eine Demenz? ein Delir bei Demenz? Besteht ein Zusammenhang mit Medikamenteneinnahmen?

Das Delir – auch Durchgangssyndrom oder organisches Psychosyndrom genannt – tritt besonders häufig bei älteren Patienten mit körperlichen Erkrankungen oder auch postoperativ auf. Leider ist es so: Je älter der Patient ist, desto häufiger wird ein Delir übersehen. Das ist schade, da in einer Reihe von Fällen eine Behandlung gut möglich ist und Risikofaktoren identifiziert sind, auf die man achten kann, um die Situation zu verbessern. Typischerweise hat das Delir eine multifaktorielle Ätiologie, bei der die Multimorbidität, verbunden mit der Einnahme von vielen verschiedenen Medikamenten, aber auch Sehstörungen und nicht zuletzt kognitive Defizite sowie höheres Lebensalter eine relevante Rolle spielen [1]. Neben den Risikofaktoren sollten auch die aktuellen Auslöser bedacht werden wie zum Beispiel ein Infekt, ein Flüssigkeitsverlust mit möglicher Elektrolytentgleisung, metabolische Störungen bei Nieren- und Leberinsuffizienz oder aber das akute Auftreten zusätzlicher Erkrankungen wie Schlaganfall, epileptischer Anfall, Hirntumor oder Entzündung im Zentralnervensystem. Auch Schmerzen, Stress und Schlafstörungen kommen als Risikofaktoren in Betracht. Je mehr Risikofaktoren und Auslöser vorhanden sind, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass ein Delir auftritt. Doch wird es leider noch viel zu selten rechtzeitig und korrekt erkannt.

In einer aktuellen Arbeit von Siafarikas und Preuss [2] zum Thema „Delir bei Demenz“ wird ein Überblick gegeben über die Definition und die Differentialdiagnose, die verschiedenen Formen des Delirs, die Behandlung und Prävention sowie internationale Richtlinien zum Umgang mit Betroffenen. Dabei wird u. a. ein trivialer, aber wichtiger und für unsere Ausbildung zukunftsweisender Punkt hervorgehoben, dass nämlich „eine gute Ausbildung des Fachpersonals wesentlich dazu beitragen kann, Inzidenz und Schwere des Delirs auch auf nicht psychiatrischen Stationen deutlich zu verringern“ [3]. In dem Zusammenhang könnte eine Studie aus den Niederlanden eine wichtige Anregung sein und auch bei uns neue Impulse setzen: In ihr wird der Einfluss von internetbasierten Kursen für das Pflegepersonal auf die Qualität von Früherkennung und Management eines Delirs bei älteren Patienten untersucht [3]. So erzielen auch speziell strukturierte Stationen, auf denen verschiedene Umweltfaktoren auf die älteren Patienten abgestimmt sind, bessere Ergebnisse bei der nicht-medikamentösen Delirprävention [4].

Auch hier in Deutschland passen wir uns diesen Erfordernissen schrittweise an – wenn auch noch nicht überall schnell und effizient genug –, indem wir zum Beispiel vermehrt geriatrische Stationen in Betrieb nehmen, die auf die Bedürfnisse der Älteren genauer abgestimmt sind.

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Prof. Dr. med. M. Dieterich
 
  • Literatur

  • 1 Hüfner K, Sperner-Unterweger B. Delir in der Neurologie. Nervenarzt 2014; 85: 427-436
  • 2 Siafarikas NI, Preuss U. Delir bei Demenz. Fortschr Neurol Psychiatr 2014; 82: 492-501
  • 3 Van de Steeg L, Langelaan M, Ijkema R et al. The effect of a complementary e-learning course on implementation of quality improvement project regarding care for elderly patients: a stepped wegde trial. Sci 2012; 7: 13
  • 4 Landefeld CS, Palmer RM, Kresevic DM et al. A randomized trial of care in a hospital medical unit especially designed to improve the function outcomes of acutely ill older patients. N Engl J Med 1995; 332: 1338-1344