Laryngorhinootologie 2015; 94(04): 246-247
DOI: 10.1055/s-0034-1385945
Der interesseante Fall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kasuistik: Osteoklastischer Riesenzelltumor der Stimmlippe – eine sehr seltene Ursache für Heiserkeit

Osteoclastic Giant Cell Tumor of the Vocal Cord
N. Froboese
,
T. Barth
,
S. Brosch
,
R. Reiter
Further Information

Publication History

Publication Date:
06 November 2014 (online)

Krankengeschichte

Berichtet wird über einen 64-jährigen Patienten, welcher sich mit seit 4 Wochen bestehender und progredienter Dysphonie in unserer Klinik vorstellte. Dyspnoe, Stridor oder Schluckschmerzen bestanden zu keiner Zeit. In der indirekten mikrolaryngoskopischen Untersuchung zeigte sich eine klinisch an einen klassischen Stimmlippenpolypen erinnernde, kugelige, glatt begrenzte Raumforderung der medialen Stimmlippenkante links am Übergang zwischen dem vorderen und mittleren Stimmlippendrittel ([Abb. 1]), die ein Phonationshindernis darstellte. Eine mikrostroboskopische Untersuchung war technisch aufgrund der Glottisschlussinsuffizienz von ca. 6 mm über die gesamte Länge technisch nicht möglich.

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Abb. 1 Präoperativer laryngoskopischer Befund eines 63-jährigen Patienten.

In der Vorgeschichte bestand ein Nikotinabusus bis vor 38 Jahren (ca. 20 pack years). Nebenbefundlich nahm der Pa­tient aufgrund einer Refluxerkrankung Pantozol 20 mg 1-0-1 ein. Eine berufliche Sprechbelastung wurde verneint.

Unter der Annahme eines Stimmlippenpolypen führten wir 3 Wochen später eine Abtragung der Raumforderung in der direkten Mikrolaryngoskopie durch. Intraoperativ tastete sich der Tumor derb, war jedoch klar auf die mediale Kante der Stimmlippe begrenzt und lies sich makroskopisch komplett entfernen.

Die histopathologische Aufarbeitung erbrachte die Diagnose eines submukosal gelegenen, ulzerierten, osteoklastischen Riesenzelltumors mit Sitz innerhalb der Stimmlippe ohne Kontakt zum Kehlkopfskelett ([Abb. 2]). Anhand der CD 68-Positivität ließen sich osteoklastäre Riesenzellen nachweisen, welche infiltrierend wuchsen. Immunhistochemisch waren die Tumorzellen ferner Vimentin positiv und negativ für Aktin, Myogenin und Desmin, was für einen mesenchymalen Tumor spricht. Aufgrund des großen Anteils an proliferierenden interstitiellen spindelzelligen Zellen (25–30%), der Anhäufung von p53 in ihren Zellkernen und der deutlichen Pleomorphie musste der Tumor als maligne eingestuft werden. Daraufhin wurde eine Staging-Untersuchung eingeleitet i. S. einer CT Hals-Untersuchung, Röntgen Thorax-Aufnahme, Sonografie des Halses und des Abdomens, welches keinen Anhalt für Metastasierung erbrachte. Ferner wurde eine Mitbeteiligung des Kehlkopfskeletts durch eine CT-Untersuchung ausgeschlossen. Eine Tumorformel konnte für diese Tumorentität nicht angegeben werden, da die TNM-Klassifikation für Larynx-Tumoren nur für Karzinome gilt. Ein Hyperparathyreoidismus konnte ausgeschlossen werden.

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Abb. 2 a Histologie des Riesenzelltumors der Stimmlippe (Übersicht; Haematoxylin-Eosin Färbung; Masstabe=1000*m). Die Pfeile markieren eine tumorös bedingte Ulzeration im mukosalen Platten­epithel der Stimmlippe. b Vergrößerung aus a (Haematoxylin-Eosin: Masstab=50*m). Der Tumor wir aufgebaut aus mehrkernigen ­Riesenzellen, die in einem mononukleären Hintergrund zur Darstellung kommen. c ­Immunhistologie, CD68. Selektiv dargestellt sind die mehrkernigen Riesenzellen. c ­Immunhistologie, ­Ki-67. Die mononukleäre Zellen befinden sich im Zellzyklus, während die ­Riesenzellen keine Positivität zeigen.

Der Patient wurde daraufhin in unserer interdiszplinären Tumorkonferenz vorgestellt, wo man sich bei einer mikroskopisch inkompletten Resektion (R1-Resektion) für eine kurative Therapie in Form einer Laserchordektomie entschied. Nur im Falle eines Rezidivs sollte eine zusätzliche Bestrahlungstherapie erfolgen. Nach problemloser Laserchordektomie konnte eine komplette Resektion erzielt werden. Erfreulicherweise fand sich bereits 2 Wochen postoperativ ein sehr zufriedenstellendes stimmliches Ergebnis. Es zeigten sich reguläre Wundverhältnisse, die Stimmqualität war nur gering eingeschränkt ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Im postoperativen Befund ist die ehemalige Abtragungsstelle des Tumors nur noch als Fibrinbelag erkennbar.