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DOI: 10.1055/s-0034-1386892
Determinanten der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen aus Patientensicht anhand von Fallvignetten basierend auf EQ-5D™
Einleitung/Hintergrund: Der Schritt der Bürger ins professionelle Versorgungssystem bestimmt den anschließenden Arbeitsbogen der Ärzte wesentlich mit. Ziel der Studie war, Determinanten der Nachfrage ärztlicher Leistungen aus Patientensicht zu untersuchen, um einen Beitrag zum Verständnis der patienteninitiierten Nachfrage des Gesundheitssystems zu leisten. Dafür wurden 15 typisierte Fallbeschreibungen („Vignetten“) mit gestaffelten körperlichen und psychischen Funktionseinschränkungen entwickelt, die auf dem generischen Lebensqualitätsfragebogen EQ-5D-3L™ basieren.
Daten/Methodik: Eine Stichprobe deutscher Bürger und Bürgerinnen zwischen 30 bis 70 Jahren (je 500 aus Magdeburg, Wittenberg und dem Landkreis Stendal) wurde per Post gebeten, für vier randomisiert zugeteilte Vignettenpaare zu entscheiden, welcher Fall jeweils dringlicher zum Arzt gehen sollte („discrete choice“). Jeder Adressat wurde zudem nach seinem eigenen Gesundheitszustand gefragt. Der Datenrücklauf war vollständig anonymisiert. Abhängiges Merkmal einer binären logistischen Regressionsanalyse war die Inanspruchnahme eines Arztes (ja/nein) für den per Vignette beschriebenen Fall, unabhängig waren der Vektor zunehmend gravierender funktioneller Einschränkungen in den Fallbeschreibungen (Vignettenebene) und Merkmale der Befragten (Personenebene; Mehrebenenanalyse mit random intercept).
Ergebnisse: Die Netto-Rücklaufquote nach einem Erinnerungsschreiben betrug 48,0%. Auswertbar waren 690 Fragebögen. Der Anteil der Teilnehmerinnen war 52,3%, das Durchschnittsalter lag bei 54,7 Jahren (Standardabweichung 9,6 Jahre).
Die Teilnahme war am höchsten in der Altersgruppe der 60- bis 70-Jährigen (60,2%), am niedrigsten bei den 30- bis 39-Jährigen (36,4%). Die randomisierte Zuteilung der Vignetten fand sich ungestört im Rücklauf wieder. In der binären logistischen Regressionsanalyse unter Berücksichtigung mehrfacher Vignettenentscheidungen durch denselben Befragten waren auf Vignettenebene Probleme in vier der fünf Dimensionen des EQ-5DTM – Beweglichkeit/Mobilität, Alltägliche Tätigkeiten, Schmerzen/körperliche Beschwerden und Angst/Niedergeschlagenheit – statistisch signifikant mit der Entscheidung der Inanspruchnahme ärztlichen Leistungen für die beurteilte Vignette verbunden (p jeweils < 0,05). Auf Personenebene bestand ein signifikant Zusammenhang zwischen der Inanspruchnahme einer ärztlichen Leistung der beurteilten Vignette und der eigenen aktuellen gesundheitsbezogenen Lebensqualität sowie der Sicherheit des Befragten bei der Disposition der Vignette (p jeweils < 0,05). Die Variablen Geschlecht, Alter, Bildungsstand und Arbeitsstatus zeigten keine signifikanten Zusammenhänge mit dem Entscheid zur Arztinanspruchnahme der beurteilten Vignette.
Diskussion/Schlussfolgerung: Die Neigung, einen Arzt in Anspruch zu nehmen, konnten wir per Fallvignetten gegen den Gradienten der Funktionseinschränkung des EQ-5D™ validieren. Vignetten auf Basis des EQ-5D™ stellen ein praktikables Messinstrument der Versorgungsforschung dar. Nicht nur Merkmale der Vignette, sondern auch Merkmale der Befragten selbst tragen zu einer Entscheidung für die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen bei.