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DOI: 10.1055/s-0034-1386973
Akademisierung der Pflege – neue berufliche und gesundheitliche Herausforderungen für Beschäftige im Gesundheitswesen?
Einleitung/Hintergrund: Seit 20 Jahren erleben wir innerhalb der Gesundheitsfachberufe in Deutschland eine Akademisierungs- bzw. Professionalisierungswelle. Diese Entwicklung ist unter anderem ein Resultat der Interpretation des Pflegenotstands als Bildungsnotstand Ende der 1980er Jahre. Ebenso führen die stetigen Veränderungen des Anforderungsprofils der in der Gesundheitsversorgung beschäftigten Fachkräfte zu der Forderung nach einer stärkeren Akademisierung der Pflege. Ergebnis dieser Debatten ist die Etablierung pflegebezogener Studiengänge an den (Fach)Hochschulen. Jedoch nicht nur innerhalb des Gesundheitswesens sind die beruflichen Anforderungen und Berufskonzepte einem ständigen Wandel unterzogen. Voß und Pongratz (2004) beschreiben mit dem „Arbeitskraftunternehmer“ einen neuen Typus von Arbeitskraft als Reaktion auf den flexiblen Kapitalismus. Prozesse der Entgrenzung, Subjektivierung, Flexibilisierung und die Veränderungen von wirkenden Anerkennungsmodi fordern immer stärker eigenverantwortliche, selbstständig agierende und permanent erreichbare Arbeitnehmer_innen ein. Auch Gesundheitseinrichtungen unterziehen sich Reorganisationsmaßnahmen, die die Arbeitsbedingungen des Personals umfassend verändern können. Die Einführung neuer Arbeitskonzepte, wie Projekt- oder Gruppenarbeit, die Forderung nach Weiterqualifizierung und lebenslangem Lernen sowie nach ökonomischem Handeln bei gleichzeitiger Kunden-/Patientenorientierung stellt die Beschäftigten im Gesundheitswesen vor neue Herausforderungen.
Daten/Methodik: Die Hamburger Fern-Hochschule leistet seit 2001 mit dem Studiengang Pflegemanagement ihren Beitrag zur Professionalisierung der Pflege und bietet Fachkräften aus dem Gesundheitswesen wissenschaftliche Weiterbildung an. Im Rahmen des Projektes „Aufstieg durch Akademisierung im Gesundheitswesen“ (ADA) soll untersucht werden, inwiefern durch das Pflegemanagement-Studium ein beruflicher Aufstieg begünstigt wird. Mit einer quantitativen Online-Befragung werden die Studierenden und Absolvent_innen des Diplom- und Bachelor-Studiengangs Pflegemanagement mittels Vollerhebung zu ihrer momentanen Erwerbs- und Lebenssituation befragt (N= 3485). Beruflicher Erfolg wird dabei über objektive (z.B. Gehalt, Anstellungsverhältnis) und subjektive Indikatoren (z.B. Arbeitszufriedenheit/-belastung, Adäquanz, Anerkennung) erfasst. Des Weiteren werden Daten zur Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben und zur Einschätzung der eigenen Gesundheit erhoben. Aktuell befindet sich der Fragebogen in der Pretest-Phase; im Mai/Juni findet die Hauptbefragung statt.
Ergebnisse: Im Beitrag möchten wir erste Ergebnisse der Studie vorstellen. Folgende Fragen sollen dabei beantwortet werden: Inwiefern können sich Absolvent_innen und Studierende des Diplom- und Bachelor-Studiengangs Pflegemanagement neue Aufgabenfelder erschließen? Wie wird die Arbeitsbelastung empfunden? Hat die Übernahme von leitenden Tätigkeiten, wie Personal-, Budgetverantwortung oder die Leitung von Projektgruppen einen Einfluss auf die Bewertung der Arbeitszufriedenheit? Sind Führungskräfte im Gesundheitswesen mehr Stress ausgesetzt, da Aufgabenfelder in höheren Positionen stetig neu definiert werden müssen? Oder hat der Zuwachs an Verantwortung und Autonomie einen positiven Effekt auf die Einschätzung der eigenen Arbeitszufriedenheit und gesundheitlichen Verfassung?
Diskussion/Schlussfolgerungen: Aktuelle Zahlen zeigen, dass insbesondere Beschäftigte im Gesundheitswesen einer deutlich stärkeren Arbeitsbelastung ausgesetzt sind als in anderen Branchen (DGB Index 2011). Wirken sich die wissenschaftliche Weiterbildung und ein möglicher Zugewinn an Autonomie positiv auf die Zufriedenheit und Gesundheit aus? Oder bedeuten neu erschlossene Aufgabenfelder eine zusätzliche Belastung für das Personal im Bereich der Pflege? Wie können wir die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen, auf ausführender und leitender Ebene, so gestalten, dass Arbeitskraft und Wohlbefinden der Mitarbeiter_innen langfristig erhalten bleiben?