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DOI: 10.1055/s-0034-1386993
Die Bedeutung der Handgreifkraft für die Beschreibung von Gesundheit und Arbeitsfähigkeit. Ergebnisse der lidA-Studie
Einleitung/Hintergrund: Im Rahmen der Studie lidA – leben in der Arbeit (gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, Förderkennzeichen: 01ER0826) wird die Handgreifkraft über selbstberichtete Angaben hinaus als ergänzende objektive Größe zur Beschreibung der gesundheitsbezogenen Merkmale der Studienpopulation erfasst. Mit dem Greifkrafttest findet so ein international etablierter Funktionstest Berücksichtigung, der bereits in der Framingham Heart Study [1] sowie jüngeren epidemiologischen Studien wie dem Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe und dem Sozio-oekonomischen Panel [2] ergänzend zur Bestimmung von funktionalem Status und Gesundheit eingesetzt wurde. Mit der vorliegenden Untersuchung wird die Handgreifkraft als möglicher Indikator für Gesundheit und Arbeitsfähigkeit sowie hinsichtlich ihres prognostischen Wertes für die Vorhersage gesundheits- und arbeitsfähigkeitsbezogener Outcomes analysiert.
Daten/Methodik: In einer ersten Erhebung der lidA-Studie im Jahr 2011 konnten 6.585 computergestützte Interviews mit sozialversicherungspflichtig beschäftigten Personen der Geburtsjahrgänge 1959 und 1965 realisiert werden, in denen sowohl Aspekte der Erwerbstätigkeit und Arbeitsexposition als auch Merkmale der Gesundheit und Angaben zum soziodemografischen Hintergrund der Teilnehmenden erfragt wurden [3]. Zusätzlich wurde die maximale isometrische Handgreifkraft mit Hilfe eines Dynamometers in einer Reihe von vier Messungen bestimmt, aus denen anschließend der jeweils maximale Greifkraftwert für die Analysen ausgewählt wurde [4]. Die vorliegende Untersuchung bezieht sich auf die Werte jener Personen, die zum Zeitpunkt der Befragung erwerbstätig waren und der Durchführung des Greifkrafttestes zugestimmt hatten. Nach zusätzlichem Ausschluss auffällig niedrig ausgeprägter Messwerte von unter 30 kg bei Männern und unter 20 kg bei Frauen verbleiben für die Analysen 6.066 Personen. Da die Greifkraftwerte nicht normalverteilt vorliegen, werden sie mit Hilfe nichtparametrischer Verfahren analysiert und dabei auf Unterschiede der Greifkraftmediane zwischen den Kategorien verschiedener gesundheits- und arbeitsfähigkeitsbezogener Variablen untersucht.
Ergebnisse: In den deskriptiven Greifkraftanalysen zeigen sich statistisch signifikante Medianunterschiede (p ≤ 0,05) zwischen der Handgreifkraft von männlichen und weiblichen Befragten sowie von Personen der jüngeren und älteren Kohorte. Zwischen den Kategorien des gegenwärtigen Gesundheitszustandes, der physischen und psychischen Arbeitsfähigkeit sowie des Vorliegens von Gelenk- und Wirbelsäulen- sowie psychischen Erkrankungen können für die eingeschlossenen Fälle statisch signifikante Greifkraftunterschiede beobachtet werden. Weitere Unterschiede von Greifkraftmedianen finden sich zwischen den Kategorien der Anzahl von Schmerzlokalisationen, körperlichen und psychischen Behinderungen sowie gesundheitlichen Beeinträchtigungen beim Treppensteigen und anstrengenden Alltagsaktivitäten. Tendenziell lassen sich die größeren Greifkraftausprägungen dabei in den Kategorien der besseren Gesundheit und Arbeitsfähigkeit beobachten, wenngleich der Einfluss der getesteten Variablen auf die Ausprägung der Handgreifkraft im Vergleich zum Geschlechtseffekt eher gering erscheint.
Diskussion/Schlussfolgerung: Im Rahmen der vorliegenden querschnittlichen Untersuchung können einige geringe, aber statistisch signifikante Greifkraftunterschiede in einer Größenordnung von± 0,0 bis 4,0 kg zwischen den Kategorien verschiedener gesundheits- und arbeitsfähigkeitsbezogener Variablen beobachtet werden. Da deren Bedeutung mit den vorliegenden Daten nicht hinreichend zu klären und die Analyse der Handgreifkraft vor allem im individuellen zeitlichen Verlauf von Bedeutung ist [5], werden die querschnittlichen Ergebnisse im Jahr 2014 um erste Längsschnittuntersuchungen erweitert, welche die Analyse einer als Veränderungsmaß verstandenen Handgreifkraft ermöglichen. Neben der Untersuchung verschiedener gesundheits- und arbeitsfähigkeitsrelevanter Endpunkte wie Krankheit, Arbeitslosigkeit und Frühberentung ist dabei auch eine Validierung des prognostischen Wertes der Handgreifkraft unter Berücksichtigung verschiedener Charakteristika von Arbeit und Gesundheit vorgesehen.