Gesundheitswesen 2014; 76 - A225
DOI: 10.1055/s-0034-1387075

Geschlechtsspezifische Prävalenzen des Diabetes mellitus in Deutschland

K van der Linde 1, G Lux 1, A Walendzik 2, D Matusiewicz 1, M Noweski 1, J Wasem 1
  • 1Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen, Essen
  • 2Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen, Siegburg

Hintergrund: Der Diabetes mellitus stellt eine der großen Volkskrankheiten in Deutschland und weltweit dar. Von Sonderformen wie dem „latent autoimmunity diabetes in the adult“ (LADA – Typ 3) und dem Gestationsdiabetes (Typ 4), abgesehen, werden zwei wesentliche Grundformen – Typ 1 und Typ 2 – unterschieden. Zur gezielteren Ausrichtung von Prävention, Früherkennung und Therapien stellt sich die Frage nach der Verteilung der Prävalenz des Diabetes mellitus entsprechend dem Alter und Geschlecht der Erkrankten. In der Literatur finden sich bisher v.a. für den Typ 1 Diabetes mellitus keine validen, vollständigen Daten zu altersklassenspezifischen Prävalenzen.

Methoden: Die Analyse erfolgte auf der Basis der Sekundärdaten einer bundesweit tätigen gesetzlichen Krankenkasse von mehr als 3 Mio. Versicherten für das Jahr 2010. Für die Identifikation der relevanten Versicherten wurden nur gesicherte ambulante oder stationäre Diabetes-Diagnosen in Form von Morbiditätsgruppen (MGn) berücksichtigt, welche u.a. über Arzneimittelverordnungen validiert werden. Zur Altersgruppenbildung wurden die Alters- und Geschlechtsgruppen (AGGn) des Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs herangezogen.

Ergebnisse: Die Prävalenz des Diabetes mellitus im Datensatz konnte für das Jahr 2010 mit einem Wert von 8,86% ermittelt werden, wobei 0,83 Prozentpunkte auf den Diabetes mellitus Typ 1 und 8,04 Prozentpunkte auf die Diabetes mellitus Typen 2 bis 4 entfallen. Die Diabetes mellitus Typen 2 bis 4 überwiegen bei Frauen ab dem 25 Lebensjahr den Typ 1, bei Männern ist dies erst ab dem 35. Lebensjahr der Fall. Während der Anteil der Frauen mit einem Diabetes mellitus in seiner Gesamtheit in der Zeitspanne der 18 bis 39-Jährigen über dem der Männer liegt, haben Männer ab dem Alter von 40 Jahren eine bedeutend höhere Prävalenz. Differenziert nach Typ 1 und 2 bis 4 wird erkennbar, dass die erhöhte Diabetes-Prävalenz der Frauen im Alter vom 18. bis 39. Lebensjahr gegenüber den Männern ausschließlich im Bereich des Diabetes mellitus Typ 2 bis 4 auftritt, nicht aber beim Typ 1.

Schlussfolgerung: Die Analyseergebnisse spiegeln die durch das BVA nach derselben Methodik ermittelten Zahlen zur Gesamtdiabetes-Prävalenz in der GKV des Jahres 2010 wieder. Es wird eine Diskrepanz zwischen der Entwicklung des Diabetes mellitus bei Männern und Frauen festgestellt, welche das Potential einer geschlechtsspezifisch zugeschnittenen Prävention unter Berücksichtigung der Altersstruktur aufzeigt. Gerade in höheren Altersklassen liegt die Prävalenz an Diabetes mellitus erkrankter Männer gegenüber Frauen z.T. bis zu 9 Prozentpunkte höher. Die Gründe für diese Geschlechtsunterschiede sind bisher nicht vollständig bekannt. So könnten genetische Faktoren ursächlich sein, aber auch Ernährung- sowie Lebensgewohnheiten. Die Analyseergebnisse sind geeignet, die Zielgruppen von Prävention und Therapie präziser zu definieren.