Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - PO_Onko03_01
DOI: 10.1055/s-0034-1388365

Identifizierung von Kandidatengenen für Brustkrebs durch Exomsequenzierung

T Dörk 1, S Bhuju 2, M Dämmrich 3, F Länger 3, U Hille-Betz 1, P Hillemanns 1, R Geffers 2, TW Park-Simon 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Hannover, Germany
  • 2Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, Genomanalytik, Braunschweig, Germany
  • 3Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Pathologie, Hannover, Germany

Fragestellung: Ein familiäres Mammakarzinom kann mit Mutationen in BRCA1 oder BRCA2 einhergehen, doch erklären diese beiden Gene nur eine Minderheit der hereditären Fälle. Mittels Exomsequenzierung lassen sich die kodierenden Abschnitte aller Gene auf weitere Mutationen hin untersuchen.

Methodik: Wir berichten hier von der Identifizierung weiterer Kandidatengene für Brustkrebs durch Exomsequenzierungen genomischer DNA in sechs Patientinnen mit früh auftretendem Mammakarzinom und weiteren Tumoren oder positiver Familienanamnese. Die Sequenzierungen wurden auf einer Illumina HiSeq 2500 Plattform durchgeführt, und identifizierte Genmutationen wurden mittels Sanger-Sequenzierung validiert.

Ergebnis: In vier der sechs Patientinnen wurden neue Stopmutationen in Genen gefunden, die aufgrund ihrer Rolle in der DNA-Schadenserkennung, im Zellzyklus oder in der Apoptose jeweils exzellente Kandidatengene für Brustkrebs darstellen. Eine 29 Jahre alte Patientin mit triple-negativem Mammakarzinom und einer positiven Familienanamnese, jedoch ohne nachweisbare BRCA1 oder BRCA2 Mutation, zeigte eine Stopmutation im CASP8 Gen, die die Caspase-8 in der katalytischen Domäne inaktiviert. Heterozygotie für diese Mutation bestätigte sich im gesunden Brustdrüsengewebe der Patientin, das Tumorgewebe zeigte partiellen LOH unter Verlust des Wildtypallels.

Schlussfolgerungen: Mit Exomsequenzierung können genetische Grundlagen für Brustkrebs in bisher unklaren Fällen identifiziert werden. Für Caspase-8 wurden eine essenzielle Funktion in der Anoikis und eine mögliche Rolle als Metastasensuppressor beschrieben. Der Verlust dieser Funktion könnte den Progress und das auffällige Metastasierungsprofil unserer Patientin erklären, das mit multiplen Weichteilmetastasen in Retroperitoneum und Oberschenkel sowie intrahepatischer Metastase einherging. Der zunehmende Gebrauch des Next-Generation-Sequencing dürfte die Zahl der bekannten Brustkrebsgene in Zukunft erheblich erweitern.