Zusammenfassung
Essbegleitung stellt einen zentralen Therapiebaustein in der stationären und teilstationären
Behandlung von Patienten mit Essstörung dar. Bisher gibt es jedoch kaum empirische
Forschung, die als Grundlage für eine wissenschaftlich fundierte, praxisorientierte
Handlungsempfehlung herangezogen werden kann. Ziel der aktuellen Studie war es daher,
zunächst einen umfassenden Überblick über die aktuelle Versorgungspraxis der Essbegleitung
in Deutschland zu erhalten. An der landesweiten Umfrage nahmen 97 Mitarbeiter von
insgesamt 66 deutschen Essstörungszentren teil. Die Umfrage zur Essbegleitung umfasste
4 große Themenbereiche: (a) Setting, (b) allgemeine Rahmenbedingungen, (c) spezifische
Interventionen, und (d) Perspektive der Mitarbeiter. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen
u. a., dass die Mahlzeiten in erster Linie durch Pflegepersonal begleitet werden.
An etwa zwei Drittel der Zentren wird mindestens eine Essbegleitung pro Tag unter
strukturierten Rahmenbedingungen angeboten. Die meisten Zentren bieten eine Patientenküche
und/oder eine Kochgruppe für die Zubereitung von Mahlzeiten durch Patienten an. Von
etwa drei Viertel der Behandler wird das Essverhalten und die Essensmenge der Patienten
systematisch dokumentiert. Ferner nehmen die meisten Behandler eine Vorbildfunktion
ein, indem sie selbst Mahlzeiten am Patiententisch einnehmen. Eine gezielte Nahrungsmittelexposition
wird nur von einer Minderheit der Behandler angeboten. Sanktionen bei Nichteinhaltung
therapeutischer Zielvereinbarungen werden deutlich häufiger eingesetzt als positive
Verstärkung bei Erreichen dieser Ziele. Weniger als die Hälfte der Behandler bietet
eine Nachbetreuung nach dem Essen an. Die Ergebnisse der Umfrage geben wichtige Einblicke
in die aktuelle Praxis der Essbegleitung und stellen einen Ausgangspunkt für die Entwicklung
klinischer Untersuchungen zur Überprüfung der Wirksamkeit spezifischer Interventionen
dar.
Abstract
Mealtime support is a cornerstone of eating disorders (ED) inpatient and day-care
treatment but has received only little attention in research so far and no valid recommendations
are available for this type of intervention. Thus, the aim of the present study was
to gather a comprehensive picture of how mealtime support is currently practiced in
Germany. In a nationwide survey, 97 staff members from 66 ED centers across Germany
completed a survey-form that covered 4 broad topics: (a) setting, (b) general conditions,
(c) specific interventions, and (d) treatment providers’ perspective. For the most
part, mealtime support is delivered by nurses. Two thirds of the centers provide at
least one therapeutically supported meal per day. Most centers offer their patients
a kitchen and/or a guided cooking group. Patient eating behavior and amount of food
eaten is documented by three quarters of staff members. Most staff members offer some
kind of role modeling by eating their own meals at the same table. Food exposure is
provided by a minority. Whereas two thirds use sanctions when patients did not achieve
their eating goals, only one third use positive reinforcement when patients achieved
their goals. Less than one half offer some kind of post-meal support. The results
provide important insights into the current practice of mealtime support and will
thus inform future studies that examine the efficacy of different types and interventions
of mealtime support.
Schlüsselwörter
Essstörungen - Essbegleitung - Versorgungspraxis - teil-/stationäre Behandlung
Keywords
eating disorders - mealtime support - clinical practice - day-care/in-patienttreatment