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DOI: 10.1055/s-0034-1390263
Mitteilungen für die Mitglieder der Deutschen Fachgesellschaft Psychiatrische Pflege
Publication History
Publication Date:
23 September 2014 (online)
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Resilienz für psychiatrisch Pflegende
Resilienz ist eigentlich ein Begriff, der in der Physik die Spannkraft oder Elastizität eines Gegenstands beschreibt, also die Fähigkeit, nach einer Verformung wieder die ursprüngliche Form anzunehmen. Resilere (lat.) bedeutet im Deutschen abprallen. Von Fuller [1] ist folgender Satz überliefert: „Resilience is the happy knack of being able to bungee jump through the pitfalls of life“ (übersetzt heißt das in etwa: Resilienz ist die glückliche Gabe, die Fallgruben des Lebens mit Bungee-Sprüngen zu überwinden).
Ohne Zweifel ist der Arbeitsalltag psychiatrisch Pflegender mit einigen „Fallgruben“ bestückt – patientenferne Tätigkeiten, trostlose, ärgerliche, scheinbar bedeutungslose Routinen, kleinkarierte Frustration und ethische Konflikte. Es wäre müßig, die Gründe dafür aufzuführen.
Diese Fähigkeit, hier mit dem Bungee wieder herauszukommen, ist an bestimmte Persönlichkeitsfaktoren gebunden, die gleichzeitig Ressourcen sind. Resiliente Pflegende haben ein starkes Erleben von (auch negativen!) Emotionen, statt Defensivreaktionen (wie „verdrängen“ etc.). Sie verfügen über Zuverlässigkeit, Offenheit für neue Erfahrungen, hohe Selbstwirksamkeit und eine gewisse Ich-Stärke.
Resilienz lässt sich fördern [2]. Resilienzförderung beginnt mit der Auswertung positiver Erfahrungen und der bewussten Wahrnehmung förderlicher Haltungen, Fähigkeiten und Ressourcen. Übungen zu mehr Akzeptanz, größerem Optimismus und Selbstwirksamkeit (Verlassen der Opferrolle) helfen ebenso wie Zukunftsplanung, Lösungsorientierung und die Orientierung an sozialen Netzwerken.
Was psychiatrisch Pflegende brauchen, um ihre Resilienz zu erhalten und zu verbessern, sind belastbare Beziehungen am Arbeitsplatz [3], denn hier entsteht Stress; aber er kann hier auch abgebaut werden: Sie können Handlungsspielräume Ihrer Expertise nutzen. Sie können Ihre Selbstsicherheit erhöhen, indem Sie ermutigende Rückmeldungen festhalten und Menschen um ehrliches Feedback bitten. Sie verbrauchen Ihre Kräfte nicht in sinnlosen Kämpfen, sondern akzeptieren, was Sie nicht ändern können! Sie üben sich in Flexibilität und der Anpassung an Veränderungen! Sie suchen Lösungen, indem Sie fragen: Wie können wir das Beste aus der Situation machen? Fehlversuche betrachten Sie als Lernerfahrungen und Kritik als kostenlose Beratung! Ebenso wie Sie es Ihren Patienten vermitteln, bemühen Sie sich, gut für sich zu sorgen und achten auf eine gesunde Balance von Anspannung und Entspannung, auf ausreichend Schlaf, Bewegung und eine gesunde Ernährung!
In diesem Sinne: Bleiben Sie neugierig, flexibel und lernbereit; Sie verbessern damit Ihre Resilienz. Weil Netzwerken eine immer größere Bedeutung beim Thema Resilienz zukommt, würden wir uns freuen, wenn Sie dabei durchaus auch auf Ihre Fachgesellschaft rückgreifen. Wir stehen Ihnen gern mit Rat und Tat bei fachlichen Fragen zur Seite. Und wenn Sie uns unterstützen möchten, z. B. durch aktive Mitarbeit in einer unserer Arbeitsgruppen, heißen wir Sie herzlich willkommen!
Stellungnahme
Die DFPP verabschiedete am 11. Juni 2014 eine Stellungnahme zur Anhörung der SPD-Fraktion im hessischen Landtag zum Schreiben der SPD vom 15. April 2014 „Hessen braucht ein Psychisch-Kranken-Gesetz“.
Verbändedialog Psychiatrische Pflege
Am 17. Juni 2014 fand in Kaiserswerth ein fachlicher Austausch mit dem Patientenbeauftragten und Bevollmächtigten für die Pflege der Bundesregierung, Staatssekretär Karl-Josef Laumann, statt. Diskutiert wurde u.a. über den Wegfall der PsychPV: www.dfpp.de/index.php/aktuelles.
Homepage Verbändedialog
Sechs Verbände haben sich im März 2014 zum „Verbändedialog“ zusammengeschlossen, um die Belange der Psychiatrischen Pflege gemeinsam zu vertreten. Infos über die Mitgliedsverbände und die gemeinsamen Aktivitäten gibt es im Internet unter: www.psychiatrische-pflege.net.
Warum brauchen wir die DFPP?
Ich bin seit 35 Jahren in der Psychiatrie tätig. Schon in den Jahren der Ausbildung habe ich mich gefragt, was Psychiatrische Pflege eigentlich ist? Was ist der Inhalt Psychiatrischer Pflege? Leider habe ich damals nur spärliche Antworten erhalten.
Erst die Auseinandersetzung mit Pflegetheorien – dort sind für mich vor allem zu nennen Hildegard Peplau, Imogene King, Ida Jean Orlando und Jean Watson – haben mir einen Inhalt geboten. Was ich durch die Theorien verstanden habe, waren Ideen des Humanismus, der Spiritualität, der Beziehung und der Kommunikation. Humanismus und Beziehung wurden seit dieser Zeit mein Leitthema für die Psychiatrische Pflege. Daraus habe ich als stellvertretende Stationsleitung mit meinen Kolleginnen und Kollegen in Regensburg nicht nur das erste Stationspflegekonzept erstellt, sondern auch die Kongruente Beziehungspflege beschrieben und weiterentwickelt, um für die professionelle psychiatrische Pflegearbeit einen Inhalt zu bieten, der bisher auch ganz gut angenommen wurde.
Später habe ich Berufspolitik für die Psychiatrische Pflege im Vorstand des Verbands der Pflegedienstleitungen psychiatrischer Kliniken in Bayern gemacht, der auch Mitglied im BFLK ist. Dort wollte ich mehr inhaltliche psychiatrisch pflegerische Aspekte einbringen und ich habe den Vorschlag gemacht, dass wir einen psychiatrischen Pflegepreis für Bayern ausloben sollten. Der erste psychiatrische Pflegepreis im Bundesland Bayern war die Folge dieser Bemühungen. Ich freue mich sehr, dass andere Landesverbände dieser Idee gefolgt sind und es heute sogar einen psychiatrisch pflegerischen Bundespreis gibt. Das ist eine sehr gute öffentliche Plattform, auf der man die inhaltliche Seite der Psychiatrischen Pflege darstellen kann.
Schon als ich selbst Pflegedienstleiter in der Psychiatrie in Regensburg war, habe ich meinen Kollegen den immerwährenden Vorwurf gemacht, dass auch sie eine inhaltliche Idee Psychiatrischer Pflege entwickeln müssten und die politische Entwicklung und das Management sich an diesen Inhalten orientieren müsse. Leider sind meine Aufrufe damals, bis auf einige wenige Ausnahmen, verhallt.
Heute ist mein Anliegen in der Psychiatrischen Pflege, nicht nur darzustellen, was wir inhaltlich tun, sondern aufzuzeigen, dass die Psychiatrische Pflege hohe Wirksamkeit in der Behandlung der Menschen hat, wie diese Wirksamkeit zustande kommt und was noch wichtiger ist, zu begründen wie wir wirksam werden.
Ich bin mir sicher, dass dieses Anliegen in dem neuen Verband nicht auf taube Ohren stoßen wird und deshalb bin ich der DFPP beigetreten. Ich denke, man hat in diesem Verband die größten Chancen, inhaltliche psychiatrische Pflegearbeit, Berufspolitik und Management zusammen zu bringen und damit die Entwicklung Psychiatrischer Pflege in der Zukunft mitzugestalten.
Rüdiger Bauer, IBI-Institut, E-Mail: ibi@beziehungspflege.de
Warum brauchen wir die DFPP?
Wir haben für und mit unserer Klinik ein neues, trialogisch ausgerichtetes, psychiatrisches Behandlungskonzept (Weddinger Modell) entwickelt, welches die individuellen Krankheits- und Genesungskonzepte psychisch erkrankter Menschen konsequenter und umfassender in die moderne, evidenzbasierte Psychiatrie integriert.
Die tragende Basis ist die Stärkung der Multiprofessionalität in den Behandlerteams und eine umfassende Einbeziehung und Transparenz in der Therapie für Patientinnen und Patienten sowie deren Bezugspersonen.
Die erfolgreiche Umsetzung dieses Konzepts ist ohne eine starke und kompetente Psychiatrische Pflege nicht möglich. Von daher freue ich mich, dass die Psychiatrische Pflege mit der DFPP nun eine Fachgesellschaft hat, die den fachlich fundierten Diskurs auf allen Ebenen stärkt.
Meine Erfahrung mit dem Weddinger Modell sind: Eine partizipative Zusammenarbeit aller Berufsgruppen auf gleicher Augenhöhe steigert die Qualität, spart Zeit und macht bedeutend mehr Spaß. Sie ist zudem die Voraussetzung für die Umsetzung von Konzepten, die z. B. Shared Decision Making oder Recovery beinhalten.
Ina Jarchov-Jádi, Pflegedirektorin, St. Hedwig-Krankenhaus Berlin; E-Mail: i.jarchov@alexius.de
AG „State-of-the-Art-Methoden“ nimmt Fahrt auf
Die DFPP möchte die Psychiatrische Pflege weiterentwickeln. „State-of-the-Art-Methoden“ (bzw. Pflegeleitlinien) wollen zu praxisrelevanten Pflegethemen die aktuell wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse bündeln und mit pflegeethischen Anforderungen abgleichen, um daraus konkrete Empfehlungen für die Praxis zu formulieren. Dadurch definieren sie fachliche Standards und geben Pflegepraktikerinnen und -praktikern eine Hilfe für fachliche Entscheidungen.
Über einen Aufruf in Fachzeitschriften und über Verbände konnten 2014 viele neue Mitwirkende für diese wichtige, anspruchsvolle und zeitintensive Arbeit gewonnen werden; aktuell haben ca. 60 Personen ihre aktive Mitwirkung angekündigt. In Arbeit sind die Themen „Hoffnungsförderung“, „Intensive Betreuung und Deeskalation“ sowie „Suizidalität“ (letztere in Zusammenarbeit mit der AG Suizidalität).
Weitere Unterarbeitsgruppen wollen die Themen „Recovery“, „Angst“, „Coping“, „Selbstwirksamkeit/Kontrolle“ und „Hometreatment“ angehen.
Wenn Thema, Ziel und Adressatengruppe einer State-of-the-Art-Methode festgelegt und konkrete Planungsschritte erfolgt sind, erfolgt die Recherche, Auswahl und methodische Bewertung bereits vorhandener Leitlinien und deren Aufbereitung. Dann werden die Ergebnisse in breiter Gruppe diskutiert und konsentiert.
Jeder kann Themenvorschläge einbringen und jederzeit können neue Interessierte in der AG oder bei Teilprojekten mitwirken. Kontakt: ag-stateart@dfpp.de
Dorothea Sauter
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Literatur
- 1 Fuller A Im Internet: www.andrewfuller.com 2014 Stand: 02.03.2014
- 2 Heller J. Resilienz. 7 Schlüssel für mehr innere Stärke. München: Gräfe und Unzer; 2013
- 3 McAllister M, Lowe JB. Vorbereitung auf die Praxis. Wie man Resilienz entwickelt. In: McAllister M, Lowe JB, Hrsg. Resilienz und Resilienzförderung bei Pflegenden. Bern: Verlag Hans Huber; 2011