Aktuelle Dermatologie 2015; 41(10): 428-432
DOI: 10.1055/s-0034-1392592
Von den Wurzeln unseres Fachs
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Medizinisches, Paramedizinisches und Ärztliches in Thomas Manns Josephsromanen

Views on the Medical, Paramedical and on Doctors in Thomas Mann’s Joseph Novels
R. Möhn
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Publication Date:
06 August 2015 (online)

Zusammenfassung

In den Josephsromanen Thomas Manns spielen auch medizinische und paramedizinische Themen eine große Rolle. So wird geradezu lehrbuchmäßig eine Niereninsuffizienz mit finaler Urämie geschildert, sodann ein Eunuchoidismus mit typischen Zeichen eines weibischen Hypogonadismus bei dem aus der Bibel bekannten ägyptischen Würdenträger Potiphar, und, umgekehrt proportional hierzu, eine eher männliche geistige Verfassung seiner Ehefrau, die bekanntlich vergebens versuchte, Joseph zu verführen. Das Ärztliche bezieht sich auf den Berliner Dermatologen, Schriftsteller und sozialpolitisch tätigen Arzt Martin Gumpert (1897 – 1955), der als Vorbild für den Gefängnisamtmann, Arzt, Schriftsteller, Verwaltungschef sowie späteren Freund und Mitarbeiter Josephs Mai-Sachme im Roman dient. Es wird gezeigt, wie viel – bei offensichtlicher Leibes- und Geistesverwandtschaft – von dem modernen, sozialpolitisch engagierten Arzt und Schriftsteller schon bei seinem über 3000 Jahre alten Kollegen anzutreffen ist.

Abstract

In Thomas Mann’s Joseph novels medical and paramedical issues also play a major role. For instance, a kidney insufficiency leading to final uremia is being described in an almost textbook-like manner. The biblical figure of Potiphar, the Egyptian dignitary, shows signs of eunuchoidism with the distinctive features of an effeminate hypogonadism, whereas his wife, who, as is generally known, tried to seduce Joseph, displays a rather masculine frame of mind. As far as the doctors point of view is concerned, there are references to the Berlin dermatologist, writer and socialpolitically active physician Martin Gumpert (1897 – 1955), who serves as a prototype for the prison bailiff, physician, writer, manager and later friend and associate of Joseph, Mai-Sachme, in the novel. In consideration of the obvious physical and intellectual affinity it becomes clear, how much of the modern socio-politically active physician and writer can already be traced back to his ancient colleague 3000 years ago.

 
  • Literatur

  • 1 Mann T. Joseph und seine Brüder. Berlin, Darmstadt, Wien: Deutsche Buchgemeinschaft; 1964
  • 2 Saueressig H. Martin Gumpert, im Winkel der Medizingeschichte. In: Ärzte und Ärztliches – Essayistische Anregungen. Biberach/Riss: Basotherm GmbH, Wege und Geschichte; 1989: 31
  • 3 Möhn R. Über das „Lob der Kahlheit“ des Synesios von Kyrene mit trichologischem Rückblick in die Antike, sowie Ausblick in Gegenwart und Zukunft. Akt Dermatol 2011; 37: 468