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DOI: 10.1055/s-0034-1395576
Leserbrief
Publikationsverlauf
eingereicht 26. August 2014
angenommen
26. August 2014
Publikationsdatum:
17. Dezember 2014 (online)
Niedrigere Neugeborenensterblichkeit im Osten
Säuglingssterblichkeit in Deutschland (2008–2012) – niedriger im Osten?, ZGN 2014; 218: 153–163
Ich hatte der Autorin des zitierten Focus-Artikels die offiziellen und allgemein zugänglichen Daten der Gesundheitsberichterstattung des Bundes (www.gbe-bund.de) zur neonatalen Mortalität der einzelnen Bundesländer zugearbeitet, aus denen – für mich überraschend – hervorging, dass diese in den östlichen Bundesländern, insbesondere Mitteldeutschland in den letzten Jahren deutlich niedriger als im Bundesdurchschnitt war. Dieses wurde nun in der Publikation von Trotter et al. vollumfänglich bestätigt.
Die Autoren versuchten darüber hinaus, Hinweise auf die möglichen Ursachen dieser erheblichen Unterschiede zwischen den Bundesländern zu finden und verwerteten deshalb Daten des Statistischen Bundesamtes zum Geburtsgewicht der verstorbenen Neugeborenen und zogen die Säuglingssterblichkeit und die Totgeborenenrate in ihre Analyse mit ein.
Aus den so gewonnenen Daten leiten Sie die Hypothese ab, dass die niedrigere neonatale Mortalität im Osten nicht auf einer niedrigeren Sterblichkeit der Frühgeborenen unter 1 500 g Geburtsgewicht beruhe, sondern auf einer höheren Totgeborenenrate.
Die vorgelegte Analyse ist korrekt und transparent dargestellt. Ihre natürlichen methodischen Grenzen liegen im unzuverlässigen Datenmaterial hinsichtlich der erfassten Geburtsgewichte und Totgeborenen. Schon deshalb sind die abgeleiteten Hypothesen zwar interessant und kreativ, stehen aber auf unsicherem Fundament.
Falls dennoch die These stimmen sollte, dass die niedrigere neonatale Mortalität auf einer höheren Totgeborenenrate beruht, stellt sich die Frage, wie denn dieser „Verschiebebahnhof“ vor Ort organisiert werden könnte. Unkorrektheit bei den Meldungen von Verstorbenen und Totgeborenen im Osten ist ja eher unwahrscheinlich, weil die in der Arbeit aufgezeigten Meldungslücken ja gerade nicht im Osten beobachtet wurden.
Bliebe also als möglicher Hintergrund eine andere therapeutische Herangehensweise mit Verzicht auf experimentelle Therapien in von vornherein aussichtlosen Fällen im Osten. Das wäre ja durchaus sympathisch. Aber nun beginne ich, mich selbst im Spekulationsbereich zu bewegen und möchte deshalb meinen Beitrag schließen, nicht ohne mich vorher bei den Autoren zu bedanken, dass sie die von mir an den Fokus weitergereichten allgemein öffentlich zugänglichen schlichten Daten (den Begriff „Studie“ haben weder der Focus noch ich benutzt) auf höherem Niveau bestätigt haben.