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DOI: 10.1055/s-0034-1397686
Neuroprotektion – Hypoxisch-ischämische Enzephalopathie: bessere Neuroprotektion durch längere und tiefere Hypothermie?
Publication History
Publication Date:
22 April 2015 (online)
Hintergrund: Nach einer 72-stündigen Ganzkörper-Hypothermiebehandlung (33,0 °C-34,0 °C) haben reife Neugeborene mit asphyxiebedingter hypoxisch-ischämischer Enzephalopathie (HIE) bis zum Alter von 24 Lebensmonaten eine geringere Mortalität sowie ein geringeres Risiko für Behinderungen. Die US-amerikanische Arbeitsgruppe untersucht, ob sich der neuroprotektive Vorteil durch eine längere Dauer (120 h) und / oder eine tiefere Temperatur (32,0 °C) der Hypothermie weiter steigern lässt.
Methoden: In die multizentrische randomisierte Studie wurden zwischen 2010 und 2013 364 reife Neugeborene mit moderater bis schwerer HIE eingeschlossen. Innerhalb von 6 Stunden nach der Geburt erfolgte die Aufnahme auf die neonatologische Intensivstation (NICU) sowie die Randomisierung in 4 Hypothermie-Behandlungsgruppen: 33,5 °C für 72 h (n = 95), 32,0 °C für 72 h (n = 90), 33,5 °C für 120 h (n = 96) bzw. 32,0 °C für 120 h (n = 83). Die Studie wurde aufgrund des sich abzeichnenden Sicherheitsprofils sowie der Futility-Analyse vorzeitig geschlossen. Das primäre Studienoutcome (Mortalität bzw. Behinderungen nach 18–22 Monaten) wurde aufgrund ausstehender Daten noch nicht veröffentlicht. Die Autoren berichten sekundäre Outcome-Parameter zur Sicherheit der unterschiedlichen Behandlungsverfahren sowie Todesfälle während der NICU-Behandlung.
Ergebnisse: Die NICU-Mortalitätsrate betrug in der Gruppe „33,5 °C für 72 h“ 7 % (7/95), in der Gruppe „ 32,0 °C für 72 h“ 14 % (13/90), in der Gruppe „33,5 °C für 120 h“ 16 % (15/96) und in der Gruppe „ 32,0 °C für 120 h“ 17 % (14/83). Eine vorzeitige Beendigung der therapeutischen Maßnahmen erfolgte in diesen Gruppen bei 1, 1, 6 und 9 Kindern. Von den über 72 h bzw. über 120 h behandelten Neonaten (n = 185 bzw. n = 179) starben 20 (11 %) bzw. 29 (16 %) Kinder (p = 0,12). In der 33,5 °C- bzw. in der 32,0 °C-Gruppe (n = 191 bzw. n = 173) traten 22 (12 %) bzw. 27 (16 %) Todesfälle auf (p = 0,47). Die Mortalitätsraten der Kinder mit moderater HIE in der 72 h- und in der 120 h-Gruppe bzw. in der 33,5 °C- und in der 32,0 °C-Gruppe betrugen 4 % und 8 % bzw. 7 % und 5 %. Bei den Neugeborenen mit schwerer HIE zeigten sich in diesen Gruppen Mortalitätsraten von 34 % und 42 % bzw. 31 % und 44 %. Das adjustierte RR für NICU-Todesfälle in der 120 h- im Vergleich zur 72 h- Gruppe bzw. in der 32,0 °C- im Vergleich zur 33,5 °C-Gruppe betrug 1,37 (95 %-Konfidenzintervall [KI] 0,92-2,04) bzw. 1,24 (95 %-KI 0,69-2,25). Mit Ausnahme der Rate schwerer Blutungsereignisse, die bei den über 120 h behandelten Kindern seltener auftraten als bei den über 72 h behandelten Neugeborenen (1 % vs. 3 %; RR 0,25; 95 %-KI 0,07-0,91), fanden sich hinsichtlich der prädefinierten Sicherheits-Outcome-Parameter keine signifikanten Unterschiede zwischen der 120 h- und der 72 h-Gruppe bzw. zwischen der 32,0 °C- und der 33,5 °C-Gruppe.
Im untersuchten Kollektiv reifer Neugeborener mit moderater bis schwerer HIE konnte weder durch eine verlängerte noch durch eine tiefere Hypothermie noch durch die Kombination beider Verfahren die NICU-Mortalitätsrate verringert werden. Es muss hingegen davon ausgegangen werden, dass ein längeres oder tieferes Cooling zu einem Anstieg der Mortalität führt. Die Autoren warnen daher vor einer Abweichung vom etablierten Hypothermie-Behandlungsschema (33,0 °C-34,0 °C über 72 h).
Dr. Judith Lorenz, Künzell