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DOI: 10.1055/s-0034-1397895
Allgemeinchirurgie – Operative Eingriffe während der Schwangerschaft
Publication History
Publication Date:
26 August 2015 (online)
Hintergrund: Während der Schwangerschaft ist aufgrund der damit verbundenen physiologischen Veränderungen der verschiedenen Organsysteme die chirurgische Diagnostik und Therapie erschwert. Ob Schwangere im Vergleich zu nicht schwangeren Patientinnen häufiger Komplikationen nach chirurgischen Eingriffen entwickeln, wird jedoch kontrovers diskutiert. Die US-amerikanische Arbeitsgruppe ist dieser Fragestellung unter Anwendung einer Propensity-Score Matching-Methode nachgegangen.
Methoden: Mit Hilfe der Datenbank des „American College of Surgeons‘ National Surgical Quality Improvement Program“ (ACS NSQIP) wurden schwangere und nicht schwangere Patientinnen identifiziert, bei welchen zwischen 2006 und 2011 ein allgemeinchirurgischer Eingriff durchgeführt worden war. Im Rahmen der retrospektiven Kohortenstudie wurde das Risiko dieser Patientinnen für postoperative Komplikationen evaluiert. Primärer Studienendpunkt waren Morbidität und Mortalität innerhalb von 30 Tagen nach der Operation. Um den Bias durch nicht ausgeglichene präoperative Risikofaktoren der beiden Studiengruppen zu minimieren, wurden die nicht schwangeren Kontrollpatientinnen bezüglich 63 verschiedener präoperativer Kovariablen mit Hilfe des Propensity-Score Matching-Verfahrens den schwangeren Patientinnen im Verhältnis 1:1 zugeordnet.
Ergebnisse: 2764 allgemeinchirurgische Eingriffe bei schwangeren und 516 705 bei nicht schwangeren Patientinnen wurden identifiziert. Die Rate stationärer bzw. notfallmäßiger Interventionen betrug in den beiden Kohorten 75,0 % vs. 59,7 % (p < 0,001) bzw. 50,5 % vs. 13,2 % (p < 0,001). Bei den Schwangeren lagen präoperativ zwar seltener Komorbiditäten vor, diese Patientinnen hatten jedoch häufiger abnorme Laborparameter als die nicht schwangeren Frauen. Die Morbidität bzw. Mortalität innerhalb von 30 Tagen nach dem Eingriff betrug in den beiden Kohorten 6,6 % vs. 9,4 % (p < 0,001) bzw. 0,4 % vs. 1,1 % (p < 0,001). Mittels Propensity-Matching wurden je 2539 schwangere und nicht schwangere Patientinnen einander bezüglich der 63 patientenspezifischen Charakteristika zugeordnet. Nach dem Matching waren keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen bezüglich der postoperativen Morbidität (6,6 % vs. 7,4 %; p = 0,30) und Mortalität (0,4 % vs. 0,3 %; p = 0,82) nachweisbar. Auch in der Subgruppe der notfallmäßig bzw. nicht notfallmäßig operierten Frauen unterschieden sich Morbidität und Mortalität bei schwangeren und nicht schwangeren Patientinnen nicht.
Bezüglich der postoperativen Morbidität und Mortalität ließen sich nach Propensity-Matching keine signifikanten Unterschiede zwischen schwangeren und nicht schwangeren Patientinnen nachweisen. Nichtgeburtshilfliche, allgemeinchirurgische Operationen, so das Fazit der Autoren, können während der Schwangerschaft mit derselben Sicherheit durchgeführt werden wie außerhalb einer Schwangerschaft. Bei akut chirurgisch behandlungsbedürftigen Krankheitsbildern sollte auch während der Schwangerschaft – insbesondere im Hinblick auf das Risiko des ungeborenen Kindes – eine unnötige Verzögerung der Therapie vermieden werden. Moore et al. warnen jedoch davor, die Studienergebnisse auf elektive Eingriffe, die ohne Nachteile für Mutter und Kind auf die Postpartalperiode verschoben werden können, zu übertragen.
Dr. Judith Lorenz, Künzell