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DOI: 10.1055/s-0034-1398057
Bronchopulmonale Dysplasie – Inhalatives Budesonid bei Frühgeborenen
Publication History
Publication Date:
07 January 2016 (online)

Hintergrund: Durch die Gabe systemisch wirksamer Glukokortikoide kann bei sehr unreifen Frühgeborenen der Entwicklung einer bronchopulmonalen Dysplasie (BPD) vorgebeugt werden. Diese Behandlung zieht jedoch nicht selten schwerwiegende Komplikationen, z. B. eine Beeinträchtigung der Gehirnentwicklung, nach sich. Bassler und Kollegen haben untersucht, ob Frühgeborene hinsichtlich der BPD-Inzidenz und des Überlebens von einer frühzeitigen inhalativen Behandlung mit Glucocorticoiden profitieren.
Methoden: In die randomisierte Studie an 40 europäischen Zentren wurden 2010 bis 2013 insgesamt 863 beatmungsbedürftige Frühgeborene (Gestationsalter 23 + 0 bis 27 + 6 SSW) einbezogen. Bei den 441 Kindern der Interventionsgruppe wurde innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt eine inhalative Behandlung mit Budesonid begonnen. In den ersten 14 Lebenstagen erhielten die Kinder 2 × täglich im Abstand von 12 Stunden je 2 Hübe à 200 μg des Medikaments unter Verwendung eines Spacers. Ab dem 15. Lebenstag wurde je 1 Hub Budesonid alle 12 Stunden verabreicht. Die 422 Kinder der Kontrollgruppe wurden in gleicher Weise mit einem wirkstofffreien Präparat behandelt. Die zusätzliche Applikation systemischer Glukokortikoide, inhalativer Bronchodilatatoren sowie weiterer Pharmaka war zulässig. Sobald die Frühgeborenen keinen zusätzlichen Sauerstoff und keine respiratorische Unterstützung mit positivem Atemdrücken mehr benötigten oder ein Gestationsalter von 32 + 0 SSW erreichten, wurde die inhalative Therapie beendet. Das primäre Outcome umfasste die mittels standardisiertem Monitoring der Sauerstoffsättigung objektivierte BPD-Inzidenz sowie die Mortalität im Gestationsalter von 36 SSW.
Ergebnisse: Von 437 bzw. 419 Kindern der Budesonid- und der Placebogruppe lagen vollständig auswertbare Daten vor. Insgesamt starben 131 Kinder vor dem Gestationsalter von 36 SSW, und bei 239 entwickelte sich eine BPD. Der kombinierte primäre Studienendpunkt trat bei 175 (40,0 %) bzw. 194 (46,3 %) Frühgeborenen beider Gruppen ein (nach Gestationsalter stratifiziertes RR 0,86; 95 %-CI 0,75–1,00; p = 0,05). Die BPD-Inzidenz in der Budesonid- und der Placebogruppe betrug 27,8 bzw. 38,0 % (RR 0,74; 95 %-CI 0,60–0,91; p = 0,004) und die Mortalität 16,9 bzw. 13,6 % (RR 1,24; 95 %-CI 0,91–1,69; p = 0,17). Sowohl die Anzahl der Kinder mit einem operativ interventionsbedürftigen persistierenden Ductus arteriosus (31 vs. 54; RR 0,55; 95 %-CI 0,36–0,83; p = 0,004) als auch die Anzahl der Reintubationen (23 vs. 38; RR 0,58; 95 %-CI 0,35–0,96; p = 0,03) waren in der Budesonid-Gruppe signifikant geringer. Andere neonatale Komplikationen und unerwünschte Nebenwirkungen traten hingegen in den beiden Gruppen mit vergleichbarer Häufigkeit auf.
Extrem unreife Frühgeborene profitieren im Vergleich zu Placebo zwar hinsichtlich des Auftretens einer BPD von einer frühzeitigen inhalativen Therapie mit Budesonid, allerdings muss hierbei offenbar – entgegen der Erwartung der Autoren – mit einer erhöhten Mortalität der Kinder gerechnet werden. Dass eine verstärkte systemische Absorption des Wirkstoffs für diesen Effekt verantwortlich ist, halten Bassler und Kollegen für unwahrscheinlich. Die Auswertung des entwicklungsneurologischen Outcome der Studienpatienten im korrigierten Alter von 18 bis 22 Monaten steht noch aus.
Dr. Judith Lorenz, Künzell