Laryngorhinootologie 2015; 94(10): 697-709
DOI: 10.1055/s-0034-1564071
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Therapie von Blutungen bei Patienten unter oraler Antikoagulation[*]

Treatment of bleeding complications due to oral anticoagulant drugs
Hanno Riess
Further Information

Publication History

Publication Date:
15 October 2015 (online)

Zusammenfassung

Sowohl unter einer Therapie mit klassischen Antikoagulanzien wie auch unter den direkten oralen Antikoagulanzien sind Blutungen die wichtigste klinische Komplikation. Deren Therapie unterscheidet sich zwischen den Substanzgruppen erheblich.

Kernaussagen
  • Blutungen sind das wesentliche therapiebedingte Risiko für antikoagulierte Patienten.

  • Für die Langzeitantikoagulation ist die orale Applizierbarkeit von Antikoagulanzien sehr wichtig.

  • Die neuen direkten oralen Antikoagulanzien erlauben im Vergleich zu Vitamin-K-Antagonisten eine vereinfachte Anwendung im klinischen Alltag aufgrund der nahezu fehlenden Interaktion mit Nahrungsmitteln und Medikamenten, eine Laborüberwachung und kontinuierliche Dosisanpassung ist daher nicht notwendig.

  • Die im Vergleich zu Vitamin-K-Antagonisten geringere Häufigkeit schwerer, insbesondere intrakranieller Blutungskomplikationen bei der Therapie mit den direkten oralen Antikoagulanzien trägt wesentlich zu einem verbesserten Nutzen-Risiko-Verhältnis bei.

  • Die direkte Hemmung von Thrombin/Faktor IIa oder Faktor Xa hat sich in der Klinik als wirksames therapeutisches Prinzip zur Antikoagulation etabliert.

  • Die Therapie von Blutungen bei Patienten unter direkten oralen Antikoagulanzien setzt die Kenntnis der substanzspezifischen Pharmakokinetik, der substanzspezifischen Beeinflussung von Gerinnungsgruppentests und ihre Sensitivität bezüglich des jeweiligen DOAK voraus.

  • Aufgrund der kurzen Halbwertszeit genügen meist lokale blutungsstillende und supportive Therapiemaßnahmen, um leichtere und mittlere Blutungen zu behandeln.

  • Medikamente zur substanzspezifischen Aufhebung der antikoagulatorischen Wirkung der einzelnen DOAK´s stehen in Kürze zur Verfügung. Eine weitgehend „unspezifische“ hämostyptische Wirkung ist von der Gabe von PPSB und evtl. auch aktiviertem Prothrombinkomplexkonzentrat bzw. aktiviertem Faktor-V/VII-Konzentrat zu erwarten.

  • Die antikoagulatorische Wirkung der Vitamin-K-Antagonisten kann man mit einer PPSB-Gabe unmittelbar, mit einer Vitamin-K-Gabe verzögert aufheben.

  • Die bereits jetzt verfügbaren direkten oralen Antikoagulanzien – und die in Zukunft zusätzlich zu erwartenden – werden die Vitamin-K-Antagonisten als Standard der Langzeitantikoagulation bei den meisten Indikationen weitgehend ablösen.

*  Die Erstpublikation dieses Beitrags erschien in Kardiologie up2date 2012; 8 (3): 209 – 220. DOI: 10.1055 /s-0032-1325695