Gesundheitswesen 2015; 77(03): 130
DOI: 10.1055/s-0035-1548786
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Buchbesprechung
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Routinedaten im Gesundheitswesen Handbuch Sekundärdatenanalyse: Grundlagen, Methoden und Perspektiven

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Publikationsdatum:
20. März 2015 (online)

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Vollständig überarbeitet sowie deutlich erweitert ist nun die 2. Auflage des Buches „Routinedaten im Gesundheitswesen“ erschienen und das sogar zum gleichen Preis wie die Erstausgabe von 2005. Es ist in 6 Teile gegliedert und beginnt mit dem umfangreichsten Kapitel zu Versorgungsbereichen der Gesetzlichen Krankenversicherung.

In 9 Abschnitten werden wichtige Datensätze wie Stamm-, Arzneimittel- oder stationäre Daten besprochen. Hervorzuheben ist, dass die meisten Kapitel gemeinsam von mehreren Autoren unterschiedlicher Institutionen geschrieben wurden, um diese möglichst „neutral“ zu gestalten (insgesamt waren 68 Autoren am Buch beteiligt). Dies ist jedoch nicht bei allen Leistungsbereichen gelungen: die Abschnitte zu Arznei- und Heilmitteln sind aufgrund der Vielzahl an gezeigten WIdO-Auswertungen etwas einseitig. Überwiegend wurde in diesem Kapitel jedoch eine gute Balance zwischen Informationen zum gesetzlichen Hintergrund, zur Datenstruktur, zu Grenzen und Möglichkeiten sowie Beispielen gefunden. Lediglich den Leistungsbereich der Hilfsmittel vermissen wir.

Die beiden folgenden Kapitel widmen sich Versorgungsbereichen anderer Sozialversicherungsträger sowie anderen Routinedaten im Gesundheitswesen. Hier werden u. a. Pflegeleistungen, Erwerbsverläufe, Befragungen und Registerdaten besprochen. Hervorzuheben sind die Texte zu Daten der PKV sowie zu leistungserbringerbezogenen Merkmalen, da hierzu bisher kaum Literatur existiert. Auch die ersten beiden Abschnitte des Folgekapitels zum Zugang sowie zu datenschutzrechtlichen Aspekten sind exzellente Übersichten, die sonst in dieser Art bisher nicht zu finden sind.

Darauf folgt ein Kapitel zur Nutzung von Routinedaten für die Morbiditätsschätzung, welches sehr praxisorientiert aufgearbeitet ist und relevante Punkte anhand von Beispielen aufzeigt. Das abschließende Kapitel („Spezielle Methoden, Instrumente und Anwendungen“) beinhaltet verschiedenste Themen, wobei sich im Gegensatz zum Rest des Buches ein roter Faden nur schwer erkennen lässt.

Insgesamt hat der Großteil aller Abschnitte einen leserfreundlichen Umfang von etwa 10 Seiten. Längere Texte sind dann entweder der Komplexität des Themas oder der Detailverliebtheit der Autoren geschuldet. Im Buch finden sich an mehreren Stellen auch Redundanzen, z. B. was den Bereich der Klassifikationssysteme angeht oder den Abschnitt zu Erfahrungen aus Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie. Die Limitationen bzw. Herausforderungen in der Arbeit mit Routinedaten werden in vielen Kapiteln angesprochen. Möglicherweise hätte ein eigenes Kapitel bzw. bereits ein Hinweis im Vorwort diesbezüglich – gerade vor dem Hintergrund einer immer breiteren Nutzung der Daten sowie einem zukünftig vereinfachten Zugang – die Sinne vor allem unerfahrener Leser weiter schärfen können.

Über den humoristischen Wert des Einführungskapitels („AGENS-eine schrecklich routinierte Familie“) lässt sich sicherlich streiten, über eines jedoch nicht: Dieses Handbuch ist ein Muss für jeden, der mit Routinedaten arbeitet, dies in naher Zukunft plant oder einfach nur mehr darüber erfahren möchte. Es gibt kaum relevante Themen, die nicht angesprochen sind und selbst der fortgeschrittene Leser kann hiervon profitieren. Die Kapitel sind unabhängig voneinander verständlich, was bei einem derart umfangreichen Buch sinnvoll erscheint, da sicherlich nicht alle Kapitel von jedem gelesen werden können (und auch nicht müssen).

Prof. Dr. Falk Hoffmann, Oldenburg

Christoph Ohlmeier, Bremen