Geburtshilfe Frauenheilkd 2015; 75 - A52
DOI: 10.1055/s-0035-1551626

Vaginalruptur mit Evisceration 7 Monate nach vorderer vaginaler Netzeinlage bei Rezidiv-Descensus vaginae – Ein Fallbericht

AR Mothes 1, A Köhler 1, MP Radosa 1, IB Runnebaum 1
  • 1Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Abt. Gynäkologie, Universitätsklinikum Jena

Fragestellung:

Darstellung des seltenen Falles einer vaginalen Evisceration von Dünndarm nach vorderer alloplastischer Netzeinlage.

Methodik:

Aufarbeitung des Krankheitsverlaufes anhand der elektronischen und in Papierform vorliegenden Patientenakte, des Operationsberichtes, vorhandenen Bildmaterials sowie der wissenschaftlichen Literatur.

Ergebnisse:

Es handelt sich um eine 72-jährige Patientin, P III, Z.n. 1 x Forzepsentbindung und 2 x Spontanpartus, die sich 1999 einer vaginalen Hysterektomie sowie einer vaginalen Descensuskorrektur mittels Eigengewebsrekonstruktion in der Primärsituation (e.m.) unterzog. 2011 stellt sie sich erneut mit einem symptomatischen Rezidiv-Descensus vaginae und einer Zystocele III. Grades mit Senkungsgefühl, Blasenentleerungsstörung und Harnwegsinfekten vor. Eine Pessartherapie wurde der Patientin angeboten, war jedoch nicht erwünscht. Beckenbodengymnastik war unter physiotherapeutischer Anleitung erfolgt, eine vaginale Östrogenisierung wurde durchgeführt. Nach ausführlicher Aufklärung unter Erörterung des Fremdkörperaspektes erfolgte die erneute defektgerechte operative Descensus-Therapie mittels vorderer alloplastischer Netzeinlage (Perigee™, AMS Minnetonka, USA), Kolporrhaphia posterior und Vaginaefixatio sacrospinalis. Die Operation und die postoperative Rekonvaleszenzphase verliefen komplikationsfrei. Eine lokale vaginale Östrogenisierung wurde durchgeführt. Sieben Monate postoperativ stellte die Patientin sich mit einer akut durch die Vulva prolabierten Dünndarmschlinge und Peritonismus vor. Es erfolgte die Laparotomie mit Reposition des durch den rupturierten Vaginalapex inkarzerierten Darmes unter notfallmäßiger Hinzuziehung eines Viszeralchirurgen. Wegen Ischämiezeichen der Darmschlinge wurde eine Dünndarmresektion mit Anastomose sowie Verschluss des Vaginalapex durchgeführt. Nach unauffälligem Verlauf wurde die Patientin am 10. postoperativen Tag entlassen.

Die letzte Routine-Kontrolluntersuchung erfolgte im Juni 2014 bei Beschwerdefreiheit mit unauffälligem Lokalbefund ohne Descensus.

Schlussfolgerungen:

In der Literatur sind Einzelfälle von Vaginaldehiszenz mit Darmschlingenprolaps beschrieben. Bei über den Rand des in Vierpunkt-Technik fixierten alloplastischen Netzmateriales disloziertem Vaginalapex ist die vaginale Evisceration mit Ruptur der Vaginalhaut eine potentielle Komplikation. Zur Vermeidung dieser Spätkomplikation könnte nach sorgfältiger Defektexploration die Platzierung von Produkten mit zusätzlicher Stabilisierung des apikalen Kompartimentes erwogen werden.