Geburtshilfe Frauenheilkd 2015; 75 - P10
DOI: 10.1055/s-0035-1558376

Therapiestrategien bei tief infiltrierender Blasenendometriose

P Drazic 1, S Beutelmann 1, R Schutz 1, KW Schweppe 1
  • 1Frauenklinik Ammerland, Endometriosezentrum, Westerstede, Deutschland

Einleitung:

Die leitliniengerechte Behandlung einer symptomatischen Blasenendometriose besteht in der Exzision im Gesunden. Liegt ein Ureterstau vor, so müssen auch asymptomatische Frauen behandelt werden (1). Da im Rahmen der präoperativen Aufklärung über die relevante Komplikationsrate solcher Eingriffe Patientinnen nach weiteren Therapieoptionen fragen, haben wir mit dieser Untersuchung versucht zu klären, ob eine medikamentöse Behandlung in diesen Fällen eine Option ist.

Material und Methode:

In der Jahren 01/2004 bis 12/2009 haben wir in unserem Endometriosezentrum 48 Frauen mit tief infiltrierender Blasenendometriose behandelt. In 18 Fällen kamen die Frauen zur Zweitmeinung und wir haben in allen Fällen eine Operation empfohlen, wobei wir nicht wissen, ob die Frauen diese dann in Heimatnähe durchführen ließen. In 18 Fällen haben wir in unserem Zentrum den Eingriff durchgeführt, wobei per Laparotomie Blasenteilresektionen im Gesunden – in drei Fällen mit Psoas-Hitch-Plastik und in fünf Fällen mit Darmteilresektion und Anastomose – durchgeführt wurden (2). In 12 Fällen lehnten die Patientinnen die Operation nach umfassender Aufklärung ab und wir akzeptierten einen medikamentösen Therapieversuch.

Ergebnisse:

Die operierten Frauen hatten ein Durchschnittsalter von 32,7 Jahren (24 – 43 Jahre) und eine mittels Vaginalsonografie ermittelte Tumorgröße der Blasenendometriose von 17,6 mm x 24,6 mm (10 – 33 mm). Die medikamentös behandelten Patientinnen hatten ein Durchschnittsalter von 36,4 Jahren (30 – 44 Jahre) und eine durchschnittliche Tumorgröße von 13,5 mm x 18,7 mm (10 – 26 mm). Die durchschnittliche Nachuntersuchungs- und Behandlungszeit betrug 63,6 Monate (24 bis 120 Monate), wobei die Kontrollen halbjährlich oder im weiteren Verlauf jährlich mittels Befragung, gyn. Untersuchung und Vaginalsonografie bei voller Blase und mittels Nierensonografie erfolgten. Die konservative Behandlung wurde mit GnRH-Analoga (Leuprorelin oder Goserelin in Depotform) plus Add-Back-Therapie (Tibolon) initiiert und dann mit den Gestagenen (Dienogest 2 mg tgl., Norethisteronazetat 10 mg tgl., Medrogeston 5 mg tgl. oder Desogestrel 2 × 75 µg) als Langzeitmedikation fortgesetzt. Je nach Verträglichkeit wurde das Gestagen gewechselt oder auch mit Äthinylöstadiol kombiniert. In einem Fall lehnte die Frau nach der sechsmonatigen GnRH-A-Behandlung die Dauermedikation ab und wir beobachteten sie engmaschig über 84 Monate bis zum Eintritt der Menopause, ohne das Rezidivbeschwerden oder Tumorwachstum auftraten. Eine Patientin beendete nach 35 Monaten die konservative Therapie (GnRH-A. intermittierend für jeweils 3 Monate, gefolgt von KOK kontinuierlich) wegen der Nebenwirkungen und wurde dann durch Blasenteilresektion saniert.

Zweite Patientin beendete nach 24 Monaten die konservative Therapie (GnRH-A für drei Monaten, gefolgt von KOK kontinuierlich für weitere 21 Monaten) mit guter Remission der Beschwerden. Wegen Kinderwunsch folgte die Vorstellung im Kinderwunsch-Zentrum in Heimatnähe.

Schlussfolgerung:

Unter konsequenter gynäkologische Kontrolle stellt die medikamentöse Behandlung der tief infiltrierenden Blasenendometriose in manchen Fällen eine vertretbare und effektive Behandlungsalternative zur Operation dar.

[1] Ulrich U. (Hrsg.) Interdisziplinäre S2k-Leitlinie für die Diagnostik und Therapie der Endometriose. W. Zuckschwerdt – München, 2013.

[2] Schneider, A., Touloupidis, S., Papatsoris, A.G., Triantafyllides, A., Kollias, A., Schweppe, K.-W. Endometriosis of the urinary tract in women of reproductive age. Int. J. Urol. 13 (2006) 902 – 904