Aktuelle Dermatologie 2015; 41 - A8
DOI: 10.1055/s-0035-1558577

Dicke Zehe – ein operativer Fall

GR Nitzsche 1, M Ziemer 1, JC Simon 1, M Kendler 1
  • 1Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universistätsklinikum Leipzig

Einleitung: Eine selektive digitale Vergrößerung im Erwachsenenalter bedingt durch einen exophytischen Tumor kann die klinische Grundlage für unterschiedliche Differentialdiagnosen sein. Denkbar sind epitheliale Tumoren, andererseits benigne oder maligne Erkrankungen des Bindegewebes.

Material und Methoden: Wir berichten über einen bei Diagnosestellung 72 Jahre alten Patienten, welcher sich mit einem seit sieben Jahren langsam größenprogredienten Tumor der rechten Großzehe vorstellte. Die Konsultation erfolgte auf Grund von Spannungs- und Druckempfindungen und Problemen beim Anziehen des Schuhwerks. Ein vorangegangenes Trauma wurde verneint.

Ergebnisse: Klinisch zeigte sich ein 3 × 3 × 3 cm großer erythematöser Nodus mit glatter Oberfläche, der von plantar umschlagend, auf den Nagelbereich zuwuchs (Abb. 1a). Das übrige Integument war erscheinungsfrei. Auffällige Nebenerkrankungen waren Diabetes mellitus sowie arterielle Hypertonie.

Zur Abklärung der Dignität des Befundes, erfolgte eine Probeentnahme, die dermal dicht gedrängte, kompakte, sich mit einander verflechtende Kollagenfaserbündel zeigte (Abb. 1b).

Anschließend führten wir die Exzision des Hauttumors mit 2 mm Sicherheitsabstand unter Einbeziehung des Nagels und des distalen Bereiches des Zehenendgliedes durch. Nach 5 Wochen wurde der Defekt mittels Spalthauttransplantats verschlossen. Der Patient ist seit 20 Monaten beschwerde- und rezidivfrei (Abb. 1c).

Diskussion: Die bei unserem Patienten histologische gesicherte dermale Fibromatose, gliedert sich in eine komplexe Gruppe von Diagnosen auf, die oft schwer abgrenzbar voneinander sind (Tab. 1).

Der Morbus Ledderhose (ML) stellt eine seltene hyperproliferative Erkrankung i.d.R. der medialen Anteile der Plantaraponeurose dar. Die erhöhte Aktivität der Fibroblasten, lässt sich u.a. auf eine erhöhte Expression von Insulin-like growth factor 1 (IGF-1), Transforming growth factor-β (TGF-β) und Platelet-derived growth factor (PDGF) zurückführen (1 – 3). Ebenfalls wurde eine erhöhte Aktivität von Interleukin-1α und Interleukin-1β nachgewiesen (4). Zusätzlich leiden die Patienten häufig an Morbus Dupuytren, Diabetes mellitus, C2-Abusus mit chronischer Leberschädigung und Epilepsie (5). Ein Zehenbefall ist tendenziell möglich, da die Plantaraponeurose am Tuber calcanei entspringt und ausstrahlend in der Subkutis der Zehen endet. Therapie der Wahl ist die operative Versorgung.

ML weist auch Gemeinsamkeiten zu Keloid und dem „Acquired reactive digital fibroma“ auf (6). Beide Entitäten setzten ein vorangegangenes Trauma voraus, welches unser Patient negierte. Jedoch sind vorangegangen Mikrotraumata bzw. Läsionen im Rahmen der Nagelpflege nicht ausschließbar.

Schlussfolgerung: Bei unserem Patienten favorisierten wir die Diagnose ML. Die Abgrenzung zu Keloid und „Acquired reactive digital fibroma“ fällt schwer, wobei beide Entitäten auch als Teil von ML verstanden werden könnten. Allen gemeinsam ist ein gestörtes Gleichgewicht zwischen Fibroblasten, Myofibroblasten, Entzündungszellen und deren Zytokine.