Z Gastroenterol 2015; 53 - KG226
DOI: 10.1055/s-0035-1559252

Identifikation genetischer Determinanten für das Ansprechen auf ATR-Inhibition als tumortherapeutischer Ansatz

S Hocke 1, Y Guo 1, M Orth 2, K Lauber 2, E De Toni 1, B Göke 1, E Gallmeier 3
  • 1Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik und Poliklinik 2, München, Deutschland
  • 2Klinikum der Universität München, Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, München, Deutschland
  • 3Universitätsklinikum Marburg, Klinik für Gastroenterologie, Endokrinologie, Infektiologie und Stoffwechsel, Marburg, Deutschland

Einleitung: Die pharmakologische Inhibition von ATR, einer Checkpoint-regulierenden Phosphoinositid3-kinase-verwandten (PIK) Kinase, bewirkt das Absterben bislang nicht ausreichend definierter Tumorzellsubpopulationen unter anderem auch gastrointestinaler (GI) Tumoren. Die Identifikation der dabei zugrundeliegenden Determinanten könnte daher als Basis für neue GI-Tumortherapiekonzepte dienen. Aufgrund der zentralen Funktionen von ATR im Rahmen der DNA-Reparatur liegt nahe, dass insbesondere veränderte DNA-Reparaturmechanismen in GI-Tumoren hier eine Rolle im Sinne synthetisch letaler Beziehungen mit ATR spielen könnten.

Material und Methoden: In einem genetischen ATR-Knock-in-Modellsystem humaner kolorektaler Tumorzellen wurde ein siRNA-Screening einer 288 Gene umfassenden DNA-Reparatur-siRNA-Bibliothek zur Identifikation synthetisch letaler Zusammenhänge zwischen ATR und anderen DNA-Reparaturgenen in Tumoren durchgeführt.

Ergebnisse: Es konnten mehrere DNA-Reparaturgene identifiziert werden, deren Ausschaltung zu einem selektiven Absterben ATR-defizienter Tumorzellen führt. Das Gen mit den stärksten Effekten wurde mittels Zeit- und Dosiskinetiken validiert und charakterisiert. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass die beobachteten Effekte nicht nur durch genetische ATR-Inhibition, sondern auch durch pharmakologische Inhibition sowohl von ATR selbst als auch seiner Haupt-Effektorkinase CHK1 in vergleichbarem Maße ausgelöst werden. Diese Daten ließen sich durch Untersuchung weiterer Tumorzelllinien zumindest teilweise generalisieren.

Schlussfolgerung: Durch ein siRNA-Screening in einem ATR-Tumorzellmodell konnten wir synthetisch letale Interaktionen zwischen ATR und verschiedenen DNA-Reparaturgenen und damit genetische Determinanten für das Absterben bestimmter Tumorzellpopulationen nach pharmakologischer ATR-Inhibition identifizieren. Da Defekte in einem Teil dieser DNA-Reparaturgene bereits in niedriger Mutationsfrequenz in Subpopulationen verschiedener GI-Tumore beschrieben wurden, könnten unsere Daten als Basis zur Patientenstratifizierung für derzeit in klinischen Studien befindliche ATR/CHK1-Inhibitoren dienen und somit langfristig zu einer tumorgenotyp-basierten Therapieindividualisierung beitragen.